Porten, Henny Frieda Ulrike
geb. 07.01.1890 Magdeburg,
gest. 15.10.1960 Berlin,
Filmschauspielerin, Drehbuchautorin, Filmproduzentin.

P. wuchs zusammen mit ihrer Schwester Rosa in einem musischen Elternhaus auf. Ihr Vater Franz P. war Opernsänger am Magdeburger Stadttheater und leitete später selbst größere Theaterunternehmen. So ist es auch nicht verwunderlich, daß P. und ihre Schwester bereits im Kindesalter in kleineren Rollen auf der Bühne standen. Noch 1890 zog die Familie ins Rheinland und kam über Dortmund, wo P.s Vater die Leitung des Stadttheaters übernommen hatte, 1895 nach Berlin. Hier besuchte die junge P. die Schule, kam durch die Freundschaft des Vaters zu dem Filmproduzenten Oskar Meßter auch mit dem neuen Medium des Films in Berührung und stand mit elf Jahren zum ersten Mal vor der Kamera. Unter der Regie ihres Vaters entstanden kurze, meist nur wenige Meter lange Filme, die, in sogenannten Lichtspiel-Theatern und auf Jahrmärkten dargeboten, zunächst nur auf Effekthascherei ohne großen künstlerischen Anspruch ausgerichtet waren. Ohne je eine schauspielerische Ausbildung absolviert zu haben, kristallisierte sich schon sehr bald P.s überdurchschnittliches Talent heraus. Mit 17 Jahren war sie aus den Filmstudios nicht mehr wegzudenken. Frauenrollen aller Gesellschaftsschichten standen nunmehr im Mittelpunkt der Filme und erfuhren durch die emotionale und überzeugende Gestaltungskraft der P. einen nicht zu beschreibenden Erfolg beim Publikum. 1911 wurde nach dem Drehbuch “Das Liebesglück einer Blinden”, geschrieben von Schwester Rosa, der erste Film mit einer geschlossenen Handlung gedreht, 1919 mit “Irrungen” der erste sozialkritische Film. Mit Gerhart Hauptmanns “Rose Bernd” (1919) folgte die erste Romanverfilmung. Die allmähliche Aufwertung des Films als Vermittler auch erzieherischer Werte entsprach ganz der Arbeits- und Lebensauffassung P.s. Sie spielte Rollen in bürgerlichen Lustspielen, Familiensagas, Heimatfilmen, Melodramen und Literaturverfilmungen. Regisseure wie Ernst Lubitsch, Paul Wegener und Werner Krauss hoben das darstellerische Niveau der Filme stark an. Unter Lubitschs Regie spielte sie die Doppelrolle in “Kohlhiesels Töchter” (1920) und mit Emil Jannings in “Anna Boleyn” (1920). Zu Beginn der 1920er Jahre gründete P. eine eigene Film-Produktionsgesellschaft, die 1924 mit dem Unternehmen von Carl Frölich fusionierte. In Zusammenarbeit mit Frölich entstanden in nur fünf Jahren 16 Filme. Für den Film “Mutterliebe” (1934), der zu einem der größten Erfolge P.s wurde, schrieb sie das Drehbuch selbst. Den Beginn des Tonfilms sah die P. zunächst als einen Verrat am Stummfilm an und bezeichnete ihn als ein “zu früh geborenes Kind”. Doch schon bald hatte sie ihre anfängliche Skepsis überwunden und gab mit “Skandal um Eva” (1930) ihr erfolgreiches Tonfilmdebüt. In einer Neuverfilmung von “Kohlhiesels Töchter” wurde sie wiederum mit der klassischen Doppelrolle besetzt und erkannte die nuancenreiche Vielfalt der Möglichkeiten des Tonfilms. In vielen nachfolgenden Produktionen stellte die P. immer wieder ihr schauspielerisches Können als inzwischen zu beeindruckender Größe gereifte Charakterdarstellerin unter Beweis. Höhepunkte ihres Tonfilmschaffens wurden in der Regie von Carl Frölich die Filme “Familie Buchholz” (1943) und dessen Fortsetzung “Neigungsehe” (1944). Ihre Heirat mit dem jüdischen Arzt Wilhelm von Kaufmann und ihr konsequentes Festhalten an dieser Verbindung haben der P. während der Zeit des Nationalsozialismus nur noch wenige Angebote gebracht. Nach dem Krieg zog sich die P. weitgehend vom Filmgeschäft zurück. Bei der DEFA erhielt P. Anfang der 1950er Jahre noch einmal Gelegenheit, in den Filmen “Carola Lamberti – eine vom Zirkus” (1954) und “Das Fräulein von Scuderi” (1955, Koproduktion mit A. B. Pandora Film Stockholm) die Hauptrollen zu spielen. Wiederum vermochte sie das Kinopublikum durch ihre brillante Darstellungsweise zu faszinieren und erwies sich einmal mehr als die große Dame des deutschen Films.

Werke: weitere Filme: Die Hintertreppe, 1921; Königin Luise, 1931; Komödianten, 1941; Absender unbekannt, 1950. – Schriften: Wie ich wurde, 1919; Vom “Kintopp” zum Tonfilm. Ein Stück miterlebte Filmgeschichte, 1932.

Literatur: Gustav Holberg, H. P. Eine Biographie unserer beliebten Filmkünstlerin, ca. 1920; Helga Belack, H. P., der erste dt. Filmstar 1890–1960, 1986; “Aller Anfang ist schwer …”. Schauspieler erzählen über ihre ersten Filme, 1988.

Bildquelle: *Archiv des Theaters der Landeshauptstadt Magdeburg.

Manfred Michael

letzte Änderung: 06.06.2006