Meyer, Karl Gustav Ernst
geb. 21.06.1904 Magdeburg,
gest. 06.04.1967 Bonn,
Journalist, Fotograf.

M., Sohn einer aus Domersleben in der Magdeburger Börde stammenden Familie eines Schuhmachermeisters, besuchte das Realgymnasium in Magdeburg und studierte anschließend Nationalökonomie in Freiburg/Breisgau, München und Bonn. 1923–25 absolvierte er eine Ausbildung als Redaktionsvolontär bei der Magdeburgischen Zeitung im namhaften Faber- Verlag und war gleichzeitig als freier Mitarbeiter für mehrere Tageszeitungen tätig. Bereits 1928 erhielt der begabte Bildreporter eine Anstellung als verantwortlicher Bildredakteur beim Faber-Verlag. Für seine Fotokunst wurde M. bereits in den 1920er Jahren im Rahmen von Ausstellungen ausgezeichnet und wirkte in Jurys bei Fotowettbewerben mit. Er nutzte die Neuheiten der Kameratechnik und erfand ein eigenes Verfahren zum eiligen Entwickeln von Filmen. Seine Fotografien, zumeist im Magdeburger General-Anzeiger publiziert, dokumentieren M.s enge Verbundenheit mit den Menschen der ländlichen Umgebung von Magdeburg. Anfang 1933 hatte M. jene journalistische Idee, die ihm schnell zu größter regionaler Bekanntheit verhalf. Ab 26.02.1933 veröffentlichte er im General-Anzeiger nahezu täglich unter der bald sprichwörtlichen Rubrik “Herr Linse berichtet: …” (in Form einer Karikatur mit Kamera, Mütze, Pfeife und Auto) Fotos von Land und Leuten, ergänzt durch kurze, oft humorvolle Verse und Erläuterungen, die den Alltag treffend festhielten. Mitte Dezember 1935 wurde der populäre Journalist als Bildredakteur des General-Anzeigers entlassen, weil er nicht bereit war, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen. M. arbeitete freiberuflich als Fotograf und Journalist, Publizist und Schriftsteller weiter, veröffentlichte Arbeiten in zahlreichen Zeitschriften, Zeitungen und Bildbänden. Mit der Unterstützung von Freunden, u. a. von Fritz Sänger, dem späteren dpa-Chef und SPD-Bundestagsabgeordneten, kam M. 1938 in einer getarnten Stelle bei der Frankfurter Illustrierten in Berlin unter, bewegte sich 1939–45 stets am Rande der Verhaftung und in der Gefahr der Entdeckung seiner versteckt lebenden Familie. Nach der deutschen Kapitulation wurde M. ehrenamtlicher Bürgermeister von Domersleben, legte 1946 sein Amt nieder, um für zwei Jahre die Leitung des Fotogeschäfts Arthur Harke in Magdeburg zu übernehmen. Ende 1948 flüchtete der Sozialdemokrat vor den sich verschärfenden politischen Repressionen der sowjetischen Besatzungsmacht mit seiner Familie in den Westen – mit der festen Absicht, nach Amerika auszuwandern. Als die Ausreise sich verzögerte, nahm M. eine Stelle als Redakteur bei der Hannoverschen Presse an. Er blieb mit seiner Frau in Deutschland, wechselte 1952 zum Parlamentarisch-Politischen Pressedienst nach Bonn und arbeitete später als Chefredakteur der Düsseldorfer Illustrierten sowie als Pressechef des Ministerpräsidenten Georg August Zinn in Hessen.

Nachlaß: Michael M., Kalifornien (USA).

Literatur: Michael M. (Hg.), Herr Linse berichtet. Fotografien aus dem Magdeburger Umland 1933–1935 von K. M., Kat. 1996 (*B); “Herr Linse berichtet”. K. M., Fotograf und Redakteur des Magdeburger General-Anzeigers (1928–1935), in: Jutta Dick/Marina Sassenberg (Hg.), Wegweiser durch das jüdische Sachsen-Anhalt, 1998, 316–325 (B).

Bildquellen: Michael M., Kalifornien (USA); Börde-Museum Ummendorf.

Guido Heinrich

letzte Änderung: 28.02.2005