Reimann, Brigitte
geb. 21.07.1933 Burg,
gest. 20.02.1973 Berlin,
Schriftstellerin.

Die Tochter des Bankkaufmanns und Schriftleiters des Burger Tageblattes Willi R. besuchte das Mädchengymnasium in Burg, an dem sie nach ihrem Abitur 1951 auch zwei Jahre als Lehrerin beschäftigt war. Sie versuchte sich dann in verschiedenen Berufen und Tätigkeiten. Bereits früh zeigte sich ihr Talent zum Schreiben. Während ihrer Schulzeit verfaßte sie Laienspiele, die auch mit großem Erfolg aufgeführt wurden. Ihre erste Geschichte “Katja” erschien 1953 als Fortsetzungsroman in der Volksstimme. Im gleichen Jahr Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Junger Autoren des Schriftstellerverbandes Magdeburg, engagierte sie sich in der FDJ  - Arbeit und wurde Mitglied der SED. 1956 trat sie dem Schriftstellerverband der DDR bei und wurde 1963 in den Vorstand gewählt. 1960, nach ihrer ersten gescheiterten Ehe, zog sie nach Hoyerswerda und heiratete den Schriftstellerkollegen Siegfried Pitschmann. Mit ihm leitete sie einen Zirkel Schreibender Arbeiter des Kombinates Schwarze Pumpe. Gemeinsam verfaßten sie die Hörspiele “Ein Mann steht vor der Tür” und “Sieben Scheffel Salz”. Das Ergebnis der als Mitglied einer Delegation des Zentralrates der FDJ unternommenen Reise nach Sibirien war die Reportage “Das grüne Licht der Steppe. Tagebuch einer Sibirienreise”, die 1965 erschien. Sie erhielt den Heinrich-Mann Preis der Akademie der Künste der DDR und den Carl-Blechen-Preis des Rates des Bezirkes Cottbus. 1968 erkrankte R. an Krebs. Trotzdem gab sie nicht auf, zog nach Neubrandenburg, wo sie sich bessere Bedingungen für ihre schriftstellerische Tätigkeit erhoffte, und begann mit ihrem dritten Mann ein neues Leben. R. verstarb mit 39 Jahren. Mit ihren ersten Veröffentlichungen “Der Tod der schönen Helena” (1955) und “Die Frau am Pranger” (1959) bewies R. ihr erzählerisches Talent. Beide Texte begründeten ihren Ruf als zukünftige bedeutende Schriftstellerin der DDR. Die Erzählung “Die Frau am Pranger” erschien 1962 als Fernsehspiel, in dieses Jahr fiel auch der Beginn ihrer Arbeit an ihrem Hauptwerk “Franziska Linkerhand”. Die leidenschaftliche Autorin behielt ihre kritische Meinung bei, die sie stets äußerte, sie nannte sich selbst “Brigitte Revolverschnauze”. Das Schriftstellerehepaar Pietschmann/R. bekam 1960 den Literaturpreis des FDGB, den R. 1962 nach dem Erscheinen der Erzählung “Ankunft im Alltag” (1961) erneut erhielt. Mit diesem Werk gab sie einer ganzen Literatur-Epoche der DDR einen Namen und wurde in der Literaturbetrachtung lange Zeit auf diesen Text verkürzt. Für R. bedeutete die Zeit in Hoyerswerda Ankunft im Alltag: Das Erleben von Bürokratie, sozialer Empfindsamkeit, Einsamkeit in den Wohnkomplexen des Sozialismus, Korruption der Funktionäre, Ungerechtigkeit bis ins privateste Leben, Verschweigen der Mißstände, Brüchigkeit der sozialistischen Moral führten die sensible Autorin in Schaffenskrisen. In ihrem unvollendet gebliebenen Roman “Franziska Linkerhand” gestaltete sie diese Konflikte mit großer literarischer und persönlicher Kraft, und in ihrem Briefwechsel teilte sie das immer öfter mit. Ihre Hoffnung und ihre Erwartungen, politisch etwas bewegen zu können, erfüllten sich nicht. Innere Zerrissenheit verstärkte die Kluft zwischen den Idealen und der Wirklichkeit des sozialistischen Alltags. Ihr großer Roman “Franziska Linkerhand” erschien bearbeitet, gekürzt und teilweise verändert 1974.

Werke: s. o.; Ingrid Krüger (Hg.), Aber wir schaffen es, verlaß Dich drauf. Briefe an eine Freundin im Westen, 1995; Angela Drescher (Hg.), Sei gegrüßt und lebe. Eine Freundschaft in Briefen (mit Christa Wolf), 1995; dies., Alles schmeckt nach Abschied. Tagebücher 1964–1970, 1998.

Literatur: Wer war wer DDR, 689f.; Elisabeth Elten-Krause (Hg.), B. R. 1933–1973, 1978; dies. (Hg.), B. R. in ihren Briefen und Tagebüchern, 1983; Ingrid Joppich, Gesellschaft und Emanzipation. Der exemplarische Weg von B. R., 1987; Barbara Krause, Gefesselte Rebellin B. R., 1994; Margrid Bircken/Heide Hampel, Als habe ich zwei Leben, 1998. – Videos: Ich habe gelebt und gelebt und gelebt, WDR 1989; Ich liebe, mein Gott, ich liebe. Das kurze Leben der B. R. ORB/SFB 1999.

 Bildquellen: Brigitte-Reimann-Forschungsstelle Neubrandenburg; *Stadtbibliothek Burg.

Anita Skupin