Zuckschwerdt, Oskar Emil Theodor Friedrich Felix
geb. 19.06.1883 Gandersheim,
gest. 21.10.1965 Göttingen,
evangelischer Theologe.

Seine Familie übersiedelte nach dem Tod des Vaters, des Rechtsanwalts Bernhard Z., 1899 nach Braunschweig, wo Z. 1902 das Abitur ablegte. 1902–06 studierte er evangelische Theologie an den Universitäten Göttingen, Straßburg und Marburg. 1906 betreute er sechs Monate als Krankenpfleger in den Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel Trinker und Geisteskranke. Nach dem zweiten theologischen Examen entschied er sich 1909 für die Missionsarbeit als Seemanns- und Auswandererpastor in Liverpool. 1913 wechselte er auf die Pfarrstelle der Deutschen Gemeinde in Glasgow, die er bei Kriegsausbruch fluchtartig verlassen mußte. Nach zwei Jahren als Garnisonspfarrer in Berlin-Lichterfelde wurde Z. 1916 wieder auf eine Gemeindepfarrstelle an der St. Johannis-Kirche in Groß-Salze (Schönebeck) berufen. 1917–18 war Z. als Felddivisonspfarrer im Fronteinsatz. 1922 wurde er für eine vorübergehende Tätigkeit in der Schulabteilung des Evangelischen Preßverbandes in Berlin beurlaubt. Ende 1922 übersiedelte er als Pfarrer von St. Ulrich und Levin nach Magdeburg. Bald nach der nationalsozialistischen Machtergreifung trat er dem Pfarrernotbund und der Bekennenden Kirche bei. Die Angriffe der nationalsozialistischen Presse gegen seine Taufe eines Juden machten ihn 1935/36 zur deutschlandweiten Berühmtheit. Wegen Vergehen gegen das “Sammlungsgesetz” und “Kanzelmißbrauch” wurde er 1937 wiederholt verhaftet und verbrachte mehrere Monate in Untersuchungshaft. Im Juni 1945 wurde Z. zum Superintendenten des Kirchenkreises Magdeburg und im August überdies in die Vorläufige Geistliche Leitung der Kirchenprovinz Sachsen berufen. 1946 wurde ihm mit der neu geschaffenen Propstei Magdeburg auch die ständige Stellvertretung des Bischofs der Kirchenprovinz Sachsen unter Beibehaltung seiner Pfarrstelle an St. Ulrich übertragen. 1958 in den Ruhestand versetzt, verbrachte Z. seinen Lebensabend in Göttingen. Z. zählte als Mitglied der zwölfköpfigen intellektuellen Gesellschaft Vespertina seit Ende der 1920er Jahre zu den Magdeburger Honoratioren. Er veröffentlichte zahlreiche Predigten, theologische und pädagogische Abhandlungen. Wegen seiner standhaften religiösen Überzeugung war er sowohl unter nationalsozialistischer wie unter kommunistischer Herrschaft schweren öffentlichen Angriffen ausgesetzt. Nach Kriegsende arbeitete er in führenden kirchlichen Ämtern, u. a. seit 1946 als Mitglied der Kirchenleitung, an der Ordnung der neu begründeten Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen mit und trug dazu bei, daß diese maßgeblich von den Traditionen der Bekennenden Kirche geprägt wurde.

Werke: Kirche und Konfirmandenunterricht, 1925; Das Alltagsleben des Kindes, 1926; Moderne Kinderseelenkunde und Kindergottesdienst, 1928; Du und dein Kind, 1929.

Nachlaß: AKPS: Rep. N 8.

Literatur: Martin Onnasch, Um kirchliche Macht und geistliche Vollmacht. Ein Beitrag zur Geschichte des Kirchenkampfes in der Kirchenprovinz Sachsen 1932–1945, Diss. Halle 1979, Bd. 1, 115f., Bd. 2, 228.

Archivalien:  AKPS: Rep. A, Spec. P, Z 117 (PA); Rep. A, Spec. G, Nr. 8478; Rep. A, Spec. K, Nr. 5469.

Bildquelle: AKPS: Rep. N 8, Nr. 1.

Margit Müller