Bischoff, Karl, Prof. Dr. phil. habil.
geb. 19.05.1905 Aken,
gest. 25.11.1983 Mainz,
Germanist, Hochschullehrer.

Als einziges Kind einer Handwerkerfamilie – sein Vater Karl B. war Schmiedemeister in Aken – geboren, besuchte B. dort die Volksschule und später in Köthen das Gymnasium. Nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Volkskunde in Leipzig, Tübingen und Marburg (ab 1925) begann B. seine berufliche Tätigkeit im Oktober 1930 als Kandidat des höheren Lehramtes. Im gleichen Jahr legte er die Doktorprüfung bei Ferdinand Wrede, dem Sprachforscher und Leiter des Deutschen Sprachatlasses, in Marburg ab. Seit Oktober 1932 arbeitete B. als Studienassessor an verschiedenen Schulen in Halberstadt, u. a. am Martineum und der Oberrealschule, und war zeitweise auch an der Höheren Privatschule in Elbingerode tätig. 1936 wurde B. nach Magdeburg versetzt und zog zu diesem Zeitpunkt auch in die Stadt um. Er unterrichtete an der Wilhelm-Raabe-Schule sowie an der Luisenschule und wurde 1939 zum Studienrat ernannt. 1943 habilitierte er bei Georg Baesecke in Halle zur Sprache von Eike von Repgows “Sachsenspiegel”. Seit dieser Zeit war er nebenamtlich als Dozent in Halle tätig und wurde dort 1948 zum Professor mit Lehrauftrag ernannt. 1951 übernahm B. in der Nachfolge seines Lehrers Baesecke den Lehrstuhl für Deutsche Philologie an der Universität Halle, zog jedoch erst 1953 dorthin um. In der Nacht vom 29. zum 30.12.1958 flüchtete B. mit seiner Frau und vier Kindern in den Westen Deutschlands, da er sich mit den politischen Entwicklungen in seinem Arbeits- und Lebensumfeld nicht mehr arrangieren konnte. Seine wissenschaftliche Tätigkeit setzte er nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in München ab 1959 in der Nachfolge von Kurt Wagner als Ordinarius für Deutsche Philologie und Volkskunde an der Universität Mainz und als Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaft und der Literatur bis zur Emeritierung fort. Neben der Arbeit als Gymnasiallehrer besaß für B. die germanistische Forschung immer einen hohen Stellenwert. Insbesondere die Verbindung von sprachhistorischen – vor allem wortgeschichtlichen – Fragestellungen mit kulturhistorischen und sozialgeschichtlichen Wandlungen spiegelt sich in seinen zahlreichen verdienstvollen Veröffentlichungen wider. Seine Arbeiten verdeutlichen eine außerordentliche wissenschaftliche Präzision und eine tiefe Verbundenheit mit der Region der Mittleren Elbe. Insofern brachte seine Flucht 1958 außer den Brüchen im privaten Bereich auch einen erheblichen Einschnitt in das wissenschaftliche Werk mit sich. Unter großem persönlichen Einsatz hatte B. in den 1930er Jahren die Arbeit an dem großlandschaftlichen “Mittelelbischen Wörterbuch” begonnen und diese über die Kriegswirren (Evakuierung nach Barby, Vertreibung aus der Wohnung durch die sowjetische Besatzung) hinweg mit der Hilfe der ganzen Familie und unter einigen Entbehrungen vorangetrieben. Bei der Flucht mußten nun 165 Wörterbuchkästen zurückgelassen werden, wichtigster Ertrag und gleichzeitig Grundlage seiner wissenschaftlichen Arbeit. Erst nach der politischen Wende 1990 wurde diese Arbeit des herausragenden Sprachhistorikers, Dialektologen und Namenkundlers B. wieder aufgegriffen und wird nun in Halle zu Ende geführt.

Werke: Studien zur Dialektgeographie des Elbe-Saale-Gebietes in den Kreisen Calbe und Zerbst (2 Bde), Diss. Marburg 1935; Die Volkssprache in Stadt und Land Magdeburg, 1938; Zur Sprache des Sachsenspiegels von Eike von Repgow. Habil. Halle 1944; Magdeburg. Zur Geschichte eines Ortsnamens, in: Thomas Frings (Hg.), Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache 72, 1950, 392–420; (Hg.) Sendbrief vom Dolmetschen. Martin Luther, 1951; (Hg.) Mitteldeutsche Studien, Bde 13–23, 1953–1961 (mit Thomas Frings); Elbostfälische Studien, 1954; Mittelalterliche Überlieferung und Sprach- und Siedlungsgeschichte im Ostniederdeutschland, 1966; Sprache und Geschichte an der mittleren Elbe und der unteren Saale, 1967; Die 14. Aventiure des Nibelungenliedes. Zur Frage des Dichters und der dichterischen Gestaltung, 1970; Akener Wörterbuch, 1977; Das Mittelelbische Wörterbuch, 1984.

Nachlaß: Universität Halle: K.-B.-Archiv am Germanistischen Institut.

Literatur: BBKL 19, Sp. 54-58; Günter Bellmann, Fs. für K. B. zum 70. Geburtstag, 1975 (*B); K. B. 1905–1983. Reden bei der Akademie Trauerfeier des Fachbereichs 13 – Philologie I der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am 29. Juni 1984, 1984 (W).

Ursula Föllner

letzte Änderung: 01.02.2005