Gassner, Johann Gustav, Prof. Dr. phil. habil., Dr. h.c.
geb. 17.01.1881 Berlin,
gest. 05.02.1955 Lüneburg,
Botaniker, Hochschullehrer.

Der Nachkomme einer Salzburger Emigrantenfamilie studierte nach dem Besuch des Berliner Friedrichs-Gymnasiums 1899–1905 Naturwissenschaften an den Universitäten Halle und Berlin. Nach der Promotion 1906 an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin begann er an der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft Berlin-Dahlem mit Arbeiten über Getreidemykosen (durch Pilze verursachte Krankheiten des Getreides), deren Erforschung er über Jahrzehnte weiterführte. G. wurde 1907 als Professor für Botanik und Phytopathologie an die Landwirtschaftliche Hochschule Montevideo (Uruguay) berufen, war nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1910 am Botanischen Staatsinstitut Hamburg tätig, habilitierte sich 1911 an der Universität Kiel und 1912 an der Universität Rostock, wo er 1915 eine außerordentliche Professur übernahm. Während des I. Weltkrieges war G. Vorstand eines bakteriologischen Armeelaboratoriums. 1918 wurde er auf den Lehrstuhl für Botanik an die Technische Hochschule Braunschweig berufen. Hier oblag ihm neben dem Direktorat des Botanischen Instituts und des Botanischen Gartens auch die Leitung der 1926 gegründeten Botanischen Forschungsanstalt. 1932/33 auch Rektor dieser Hochschule, wurde er nach politischen Auseinandersetzungen mit der nationalsozialistischen Regierung 1933 entlassen. Nach seiner Emigration war G. 1934–39 Sachverständiger im Landwirtschaftsministerium der Türkei und Direktor des Türkischen Pflanzenschutzdienstes in Ankara. 1939 übernahm er die Leitung des Forschungsinstituts für Pflanzenschutz und Biologie der Fahlberg-List AG in Magdeburg, dessen Ausbau er konzipierte und förderte. 1945 erfolgte seine Wiederernennung zum ordentlichen Professor und Rektor der Technischen Hochschule Braunschweig, wo er nach seiner Emeritierung 1951 weiter Vorlesungen hielt. Auch faßte er die z. T. ausgelagerten Institute und Dienststellen der Biologischen Reichsanstalt in der damaligen britischen Besatzungszone zu einer Biologischen Zentralanstalt zusammen, deren Präsident er 1947 wurde. G. hat auf verschiedenen Teilgebieten der Botanik, insbesondere der Phytopathologie und des Pflanzenschutzes, gearbeitet und deren Erkenntnisstand wesentlich erweitert. In Magdeburg schuf G. die wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen für eine zielgerichtete Entwicklung, Erprobung und Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel. Schwerpunkt waren hierbei die “Germisan-Saatgutbeizen” auf der Basis organischer Quecksilber-Verbindungen. Diese brachten nicht nur der heimischen Landwirtschaft einen wesentlichen Fortschritt, sondern wurden auch über die Grenzen Deutschlands hinaus zum bekannten Markenzeichen. Dem Mitglied mehrerer naturwissenschaftliche Gesellschaften wurden zahlreiche Ehrungen zuteil; u. a. erhielt er 1952 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der BRD.

Werke: Mikroskopische Untersuchung pflanzlicher Nahrungs- und Genußmittel, 1931, 51989; Über Auftreten und Verbreitung von Tilletia tritici und Tilletia foetans in der Türkei, in: Phytopathologische Zs. 11, 1938, 469–516; Zur Methodik der laboratoriumsmäßigen Prüfung von Beizmitteln, in: ebd. 14, 1944, 303–309; Die chemotherapeutische Bewertung von Quecksilberverbindungen in den verschiedenen Beizverfahren, in: Phytopathologische Zs. 17, 1950, 1–35; Beizung und Entseuchung von Saat- und Pflanzgut, in: Hdb. der Pflanzenkrankheiten, Bd. 6, 1952, 334–373.

Literatur: NDB 6, 334; DBE 3, 579f.; Reichshdb 1, 520 (*B); Bio Hdb Emigr 2, 1983; Braunschweigisches Biographisches Lexikon, 1996, 197f. (B); Kurt Hassebrauk, Festrede zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h.c. G. G. am 17. Januar 1951, 1951; Alfred Hey, Zum Ableben G. G.s, in: Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst,  N. F. 8, 1955, 80; Fs. zum 100jährigen Jubiläum von Fahlberg-List, 1986.

Bildquelle: Biologische Bundesanstalt Braunschweig: Ölgemälde.

Hermann Grünzel

letzte Änderung: 28.09.2004