Chemin-Petit, Hans Helmuth, Prof.
geb. 24.07.1902 Potsdam,
gest. 12.04.1981 Berlin,
Komponist, Chor- und Orchesterleiter, Violoncellist.

C. wuchs in einer musikalischen Familie auf. Sein Vater Hans C. war Komponist und Kapellmeister, seine Mutter Selma, geborene Feldt, Konzertsängerin. Nach dem Abitur am Potsdamer Victoria-Gymnasium studierte C. 1920–27 an der Hochschule für Musik in Berlin bei Hugo Becker (Violoncello) und Paul Juon (Komposition). 1924–27 war er Cellist des Bruinier-Quartetts und trat auch solistisch in Erscheinung. 1927 gehörte C. zu den Mitbegründern des Ensembles Tournee Berliner Kammeroper. 1929 übernahm er Lehrveranstaltungen an der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin, ab 1930 war er Dozent für Musiktheorie und Tonsatz, ab 1942 Lehrer für Chorleitung. 1936 wurde er zum Professor ernannt. C. gab 1933 sein erstes Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Berlin (Aufführung seiner Sinfonietta) und initiierte 1939 die Städtischen Sinfoniekonzerte und die Musiktage in Memel. Im selben Jahr übernahm er die Leitung des Magdeburger Domchores (bis 1942) und des traditionsreichen Magdeburger Reblingschen Gesangsvereins (bis 1959). Hier brachte er schwerpunktmäßig großbesetzte Werke von Bach, Brahms und Bruckner zur Aufführung. Mehrere Werke C.s wurden in Magdeburg uraufgeführt. 1943 übernahm er als Nachfolger Günther Ramins die Leitung des Berliner Philharmonischen Chores (bis 1945). C. wirkte nach dem Krieg als Theorielehrer an der Hochschule für Musik Berlin-Charlottenburg, deren stellvertretender Direktor er 1965–69 war. Er beteiligte sich ab 1945 aktiv am Wiederaufbau des Potsdamer Musiklebens. 1945–48 leitete C. den Potsdamer Stadtchor. Der Philharmonische Chor Berlin erlebte unter seiner Leitung (bis 1981) eine neue Blüte. 1953 siedelte er von Potsdam nach Berlin über. 1963 wurde er Mitglied der Akademie der Künste, deren Musikabteilung er 1968–81 leitete. C. gehörte 1966 zu den Mitbegründern des Symphonischen Orchesters Berlin e.V. und hatte verschiedene leitende Ämter in Musikinstitutionen inne. 1964 erhielt er den Berliner Kunstpreis. Er arbeitete als Dirigent mit bedeutenden Orchestern zusammen (z. B. Deutsche Staatskapelle Berlin, Münchner Philharmoniker). C.s Kompositionen weisen sich durch handwerkliche Gediegenheit, melodischen Reichtum und eine an Bach geschulte polyphone Satztechnik aus. Er verwendete sowohl archaisierende als auch moderne Elemente in seiner Musik. In seine Vokalkompositionen flossen die Erfahrungen aus der Arbeit mit Laienchören ein, in seiner Instrumentalmusik lebt ein “echt sinfonischer Geist” (Hugo Becker).

Werke: Kammeropern: Der gefangene Vogel (UA 1927 Berlin); Lady Monika, 1929; König Nicolo, 1959 (UA Aachen 1962); Die Rivalinnen, 1969 (UA Berlin 1984); Orchesterwerke: Nekrolog (UA Magdeburg 1926); Konzert für Violoncello und Orchester, 1931 (UA Magdeburg 1939); 1. Sinfonie in a, 1932 (UA Dresden 1933); Violinkonzert, 1971 (UA Berlin 1972); Bühnenmusiken; Vokalwerke: zahlreiche Motetten, Madrigale und Chorsätze; Der Mensch lebt und bestehet, Motette 1935 (UA Magdeburg 1935); Wer nur den lieben Gott läßt walten, Choralmotette 1940 (UA Magdeburg 1940); Werkleute sind wir, Kantate 1944 (UA Magdeburg 1951); Der 150. Psalm, 1954 (UA Magdeburg 1956); Prooemion, 1961 (UA Magdeburg 1962); Lieder nach Ricarda Huch, Friedrich Hölderlin usw.; Kammermusik: 2. Streichquartett (UA Magdeburg 1929); Bläserquintett, 1948 (UA Potsdam 1948). – Hg.: Kommt, ihr G’spielen, Chorbuch zu deutschen Volksliedern (Berlin 1949, 21951).

Nachlaß: Archiv der Akademie der Künste Berlin.

Literatur: MGG 2, Sp. 1163f.; New Grove 4, 200; Riemann, 111929, 302; Erich H. Müller (Hg.), Deutsches Musiker-Lexikon, 1929, 193; Friedrich Welter, H. C.-P., in: Allgemeine Musikzeitung, 1939, 564; Horst Seeger, Musiklexikon, Bd. 1, 1966, 158; Andrea Witte/Helene C.-P., H. C.-P. Werkverzeichnis, 1987; H. C.-P. 1902–1981. Dokumente zu Leben und Werk, zusammengestellt und dokumentiert von Vera Grützner, 1994 (W).

Bildquelle: *Museum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg.

Ralph-J. Reipsch