Mittag, Friedrich Carl Julius
geb. 06.03.1878 Golßen bei Luckau,
gest. 25.10.1961 Köln-Lindenthal,
Oberingenieur, Konstruktionsdirektor.

Der Sohn des Gasthofbesitzers und Fleischermeisters August Julius M. besuchte 1890–93 das Gymnasium Luckau und absolvierte 1893–94 eine Lehre als Zeichner bei der Firma Karl Mittag in Golßen. Von 1896 bis 1898 war er als Zeichner bei einer Firma in Berlin-Spandau tätig, nachdem er von 1894–96 das Technikum Hildburghausen besucht hatte, das er mit dem Diplom abschloß. Nachfolgende Stationen waren: 1897–98 Konstrukteur für Hochbau bei Siemens-Halske Berlin; 1898–99 Einjähriger Freiwilliger beim Eisenbahnerregiment; 1899–1900 Ingenieur bei der Lauchhammer AG; 1900–01 Betriebs- Assistent bei den Portland-Zementwerken Itzehoe; 1901–02 Ingenieur der Firma Alsen in New York; 1903–04 Ingenieur und Oberingenieur beim Bau einer Zementfabrik in Pennsylvania und Teilnehmer an der Weltausstellung bei Hunt’s in New York; 1904–05 Konstrukteur der Firma Luther in Braunschweig; 1905–06 Abteilungs-Chef bei den Zeitzer Eisenwerken sowie 1906–07 Konstrukteur bei Humboldt in Köln. Von 1907 bis 1947 übernahm M. bereits als Oberingenieur gleitend die Leitung des auf hohem technischen Niveau stehenden Konstruktionsbüros für Zerkleinerungsmaschinen in der Fried. Krupp Grusonwerk AG Magdeburg von Adolf Lange (1854–1915), der dasselbe 25 Jahre geleitet hatte. M. erhielt 1924 die Prokura und wurde nach Zusammenfassung mehrerer Konstruktionsabteilungen und Erweiterung des Bereiches Konstruktionsdirektor. 1947–50 war er als Abteilungsleiter bei der Fried. Krupp Gruson AG in Dresden tätig, um danach mit Helmuth Weinrich (1903–1989), Professor an der Technischen Hochschule Dresden, ein Zerkleinerungsbüro bei der Humboldt-Klöckner-Deutz AG in Köln neu aufzubauen M. gehörte zu den Ingenieuren, die das Gebiet der mechanischen Verfahrenstechnik aus der Empirie heraushoben und theoretische Grundlagen, gepaart mit einer experimentellen Basis, schufen. Er vertrat die Auffassung, daß dieses Gebiet durch Anwendung der Wechselwirkung von Theorie und Experiment beherrscht werden kann. M. hatte wesentlichen Anteil daran, daß die Fried. Krupp Grusonwerk AG Magdeburg nicht nur Zerkleinerungsmaschinen entwickelte und baute, sondern daß ein Projektierungsbüro für den Entwurf vollständiger Anlagen sowie eine Versuchsanstalt für Zerkleinerung und ein Musterraum für Mahlversuchsergebnisse entstanden, in denen Ergebnisse neuer Verfahren auf verschiedenen Gebieten der Verfahrenstechnik entwickelt und vorgestellt wurden. Damit nahm sein Unternehmen einen erheblichen Einfluß auf die Entwicklung der mechanischen Zerkleinerungstechnik in Europa und war in der Lage, die Lieferung vollständiger Anlagen, wie z. B. zur Kohle- und Erzaufbereitung, für die Aluminium- und Zement-Industrie als komplette Leistung mit voller Gewähr für das In- und Ausland zu übernehmen. Auf dem Gebiet der Zerkleinerungstechnik war es der Symons-Brecher, den M. nach amerikanischer Bauweise in Europa einführte. Des weiteren wurden unter seiner Leitung als Hauptkonstrukteur 1928 in den Büros Zerkleinerung, Zement und Schotter folgende patentrechtlich geschützte Technologien konzipiert: Hochleistungshammermühle, Krupprost, Mehrkammer- Verbundrohr-Mühlen für Zentral-Antrieb mit erheblicher Leistungssteigerung (1928), Walzenmühle mit Gleitrahmen. Ebenso wurden unter seiner Leitung Backen-, Hammer- und Walzenbrecher, Doppel-Walzenmühlen, Kollergänge, Drehrohröfen und Doppelrohrmühlen für Kohlen-Vermahlung konstruiert und weiterentwickelt. In der Siebtechnik erweiterte er die Bauarten und Anwendungsmöglichkeiten der einfachen und Resonanzschwingsiebe und leitete daraus mit Weinrich patentrechtlich geschützte konstruktive Lösungen kontinuierlich arbeitender Rohrschwingmühlen für die Fein- und Feinstvermahlung harter Stoffe im Trocken- und Naßverfahren ab. M., der zudem als Verfasser mehrerer grundlegender Fachbücher und Aufsätze hervortrat, zählte zu den kreativen deutschen Ingenieuren der mechanischen Verfahrenstechnik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Werke: Der spezifische Mahlwiderstand. Ein Weg zur Erforschung der Arbeitsgänge in Zerkleinerungsmaschinen, 1925; 75 Jahre Grusonwerk in Magdeburg, 1855–1930, 1930, 8–16; Beobachtungen und Untersuchungen von Zerkleinerungsvorgängen in der Praxis; in: Zs. für Verfahrenstechnik 1, 7, 1937; Wo bleibt die Verlustarbeit bei der mechanischen Zerkleinerung?, in: VDI-Verfahrenstechnik Nr. 1, 1944; Leistungsbedarfsmessung an Hartzerkleinerungsmaschinen, in: Archiv für technisches Messen, 1948; Die Hartzerkleinerung. Maschinen, Theorie und Anwendung in den verschiedenen Zweigen der Verfahrenstechnik, 1953; Prüfverfahren zur Ermittlung von Höchstleistungen in Kugel- und Rohrmühlen, 1954.

Literatur: Zementwerks-Einrichtungen, hg. von der Fried. Krupp Grusonwerk AG, 1932; 

Archivalien: Archiv der Fried. Krupp AG Essen: WA 131/1784; LHASA: Rep I 28, Nr. 582; Universitätsarchiv Technische Universität Dresden: PA 11486, Prof. Weinrich.

Bildquelle: *Klaus M., Köln (privat).

Werner Hohaus

letzte Änderung: 28.02.2005

letzte Änderung 13.09.2004