Kraft, Wilhelm, Dr. phil.
geb. 31.12.1887 Waiblingen,
gest. 31.07.1981 Insel Korfu (Griechenland),
Ernährungsforscher,
Gründer des ersten deutschen Knäckebrotwerkes.

K. wollte eigentlich Meeresbiologe werden. Da seiner Familie dafür die finanziellen Voraussetzungen fehlten, studierte er nach der Reifeprüfung 1904 in Tübingen und München Chemie und promovierte in Würzburg 1908 mit einer Arbeit über alkohollösliche Eiweißstoffe der Gerste und des Malzes. Im I. Weltkrieg war er Jagdflieger. Bei seinem mehrjährigen Aufenthalt als Chemiker und Physiologe in Schweden hatte sich K. mit den günstigen gesundheitlichen Folgen des “Knäckebrød”-Verzehrs beschäftigt und war vom Wert dieses Nahrungsmittels für die Volksgesundheit überzeugt. Bereits 1912 versuchte er vergeblich, eine deutsche Großbäckerei für seine Ideen zu begeistern. Im Jahre 1927 begann er selbst in einer Dachwohnung in Berlin-Lichterfelde mit dem Probebacken. Dies gelang, und das Kraft-Knäckebrot war so gut, daß sich die ersten Händler und Hotels entschlossen, es in das Verkaufsprogramm aufzunehmen. Ohne selbst seinen Wohnsitz in Burg zu nehmen, wählte K. 1931 in dieser Stadt ein an der Magdeburger Börde, am Elbe-Havel-Kanal und an der (späteren) Autobahn günstig gelegenes Industriegelände mit Gebäuden und Gleisanschluß, kaufte im März des Jahres das Grundstück einer stillgelegten Gerberei- und Lederfabrik und begann die industrielle Herstellung von Knäckebrot, das auch nach England und in die Schweiz und USA verkauft wurde. Als Gegner des Nationalsozialismus verließ er 1932 Deutschland und ging bald in die Schweiz. Zu seinem Betrieb in Burg hatte er auch von dort aus eine gute Verbindung und weilte weiterhin mehrfach hier. Auf dem Burger Betriebsgelände entstanden bis 1939 die Werke I – III, eine Großmühle, ein Hafen am Elbe-Havel-Kanal und drei Getreidesilos, wovon Silo III ein Fassungsvermögen von 2.200 Waggons Korn und eine Höhe von 38 m aufwies. Im Jahre 1939 verkaufte K. den Betrieb an Josef Pravida. Auf der Grundlage eines Lizenzvertrages stellte er seine Erfahrungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter weiterhin zur Verfügung. K. starb im Alter von 94 Jahren.

Werke: Wahrheiten über das Brot unter besonderer Berücksichtigung des Knäckebrotes, 1928, 61938; Brot. Volksgesundheit – Nahrungsfreiheit, 1936.

Literatur: Ruth K. über ihren Vater, Ms. 1996 (Burger Knäcke AG, Burg); Werbeschrift der Burger Knäcke AG, 65 Jahre – und immer knackig und frisch, 1996; Paul Nüchterlein, Silo Nr. III wuchs 38 Meter hoch, in: Volksstimme Burg vom 18.01.1997; ders., Das Knäckebrot von Dr. W. K., in: General-Anzeiger Burg vom 25.10.2000; Sammlung Paul Nüchterlein, Burg (privat).

Bildquelle: *ebd.

Paul Nüchterlein