Meier, Elsbeth
geb. 18.10.1895 Magdeburg,
ges. 11.04.1985 Magdeburg,
Souffleuse.

M.s Lebenslauf war nicht spektakulär, aber durch die außergewöhnliche Kontinuität ihres Berufslebens – sie wirkte 60 Jahre als Souffleuse an Magdeburger Theatern – ungewöhnlich. Die Notwendigkeit, ihren Lebensunterhalt allein zu bestreiten, brachte sie dazu, 1922 am damaligen Magdeburger Zentraltheater einen Vertrag als Musiktheater-Souffleuse abzuschließen. Diesem Beruf blieb sie von ihrem Debüt im “Zigeunerbaron” bis zu ihrem 90. Lebensjahr treu. 1927 wechselte sie an das Stadttheater Magdeburg, wo sie als einzige Opernsouffleuse zeitweise bei 23 Vorstellungen monatlich im “Kasten” saß und darüber hinaus jungen Sängerinnen beim Erarbeiten ihrer Partien behilflich war. Obwohl sie nie im Rampenlicht stand, hatte sie unverzichtbaren (und mitunter unüberhörbaren) Anteil an allen bedeutenden Musiktheaterproduktionen Magdeburgs. Nach einem “Rosenkavalier”-Dirigat bedankte sich der Komponist Richard Strauss persönlich bei ihr. M. konnte nicht nur alle Standardwerke der Opernliteratur auswendig soufflieren, sie kannte auch die jeweiligen Inszenierungsabläufe genau und gab den Sängern – zunächst aus dem Kasten, später von Seiten- und Hinterbühne – Zeichen für Auftritte, Abgänge und Arrangements. Wer erlebt hat, wie die knapp über 1,50 m kleine Frau hinter der Bühne herumhuschte, scheinbar überall zugleich war, ein Theatergeist, dessen Aufmerksamkeit – auch außerhalb der Bühne – rein gar nichts entging, konnte sich der Faszination nur schwer entziehen. Theater war für die alleinstehende Frau nicht nur Beruf, sondern Lebensinhalt, und so war es ihr selbstverständlich, daß sie als Trümmerfrau der ersten Stunde mit anpackte, um “ihr” Stadttheater, das den Bomben zum Opfer gefallen war, wieder aufbauen zu helfen. Sie war Ehrenmitglied des Theaters, kümmerte sich um alltägliche Belange ihrer Kollegen, organisierte Premierenfeiern, räsonierte und wurde mit extra starkem Kaffee, Sekt und Zigaretten 90 Jahre alt. Ihr letzter Wunsch, zu “… arbeiten bis ich 100 bin, dann zwei Jahre Rente”, erfüllte sich leider nicht.

Archivalien: Unterlagen Archiv des Theaters der Landeshauptstadt; Elke Schneider, Kallinchen (privat).

Bildquelle: *Archiv des Theaters der Landeshauptstadt Magdeburg.

Elke Schneider

letzte Änderung: 28.02.2005