Köppe, Johann Friedrich Adolf, Dr. agr. h.c.
geb. 10.10.1874 Fischbeck/Kreis Jerichow II,
gest. 20.11.1956 Norden/Ostfriesland,
Landwirt, Tierzüchter.

K.s Vater, der Ackergutsbesitzer Johann Joachim K., gehörte 1876 in Fischbeck zu den zehn Begründern der ersten Rinderstammzuchtgenossenschaft in Deutschland, die gleichzeitig als die erste deutsche Herdbuchvereinigung genannt werden kann. Beste Voraussetzungen für die Tierzucht boten im Elbauengebiet die Kenntnisse der Bauern im Deich- und Ackerbau sowie ein uralter Handelsweg der Händler hochwertigen Viehs von Ostfriesland und Oldenburg nach Schlesien, der über die Elbfährstraße von Tangermünde zum Rastplatz Fischbeck führte und als Bezahlung des Futtergeldes neugeborene schwarzbunte Kälber hinterließ. Der Weg des einzigen Sohnes des K. war damit vorgezeichnet. Nach der Realschule in Fischbeck und der Praxis im Familienbetrieb besuchte er die Landwirtschaftsschule in Erfurt und studierte im Wintersemester 1891/92 an der Universität Halle bei Julius Kühn allgemeine Tierzuchtlehre und bei Rudolf Disselhorst Anatomie. Die Kenntnis vom Skelett und seiner Mechanik und die nun mögliche Verbindung des Äußeren des Tieres mit dem Knochengerüst bildeten die Grundlage für K.s spätere überragende Tierbeurteilung. 1905 übernahm er den elterlichen Hof und setzte die Tradition der Rinderzüchtung fort. Er wurde Vorsitzender der Rinderstammzuchtgenossenschaft und in die Bullenankaufkommission gewählt. Entsprechend den Stammzuchtstatuten widmete sich K. der Reinzucht einer Rasse, des schwarzbunten Rindes, und begründete damit ein allgemein anerkanntes Zuchtverfahren. Die Erfahrung mit eigenen Tieren trug zur Erweiterung des Wissens in der Vererbungslehre bei. So erkannte er später als Zuchtdirektor, daß rotbunte Nachkommen aus schwarzbunten Eltern durch Aufspaltung in ihre Ausgangsgruppe zurückzuführen sind. Die Inzestzucht führte bei ihm nicht zum Erfolg, jedoch erlangte er Fortschritte in der Reinzucht durch Paarung von Verwandten. Die ersten Zuchterfolge erreichte K. mit der vom Vater übernommenen Kuh “Haustaube”. Ihre zahlreichen Nachkommen erhielten hohe Bewertungen auf Körungen und Ausstellungen und erbrachten gute Milch- und Fettleistungen. Auf der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft-Schau 1909 in Leipzig erhielten drei Kühe aus seiner Zucht einen I. Familienpreis. Als letztes erfaßtes Glied seiner Kuhfamilie, die 1876 begann, zählt die 1941 geborene Kuh “Gerda”, die dank Verbreitung ihrer Söhne und Enkel mit zu den einflußreichsten Kühen der altmärkischen Zucht gehörte. K.s Zuchterfolge und seine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde machten ihn in Deutschland bekannt. So nahm der altmärkische Bauer 1921 das außergewöhnliche Angebot an, als Tierzuchtdirektor für den Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOST) tätig zu werden. Wirtschaftliche Gesichtspunkte hinsichtlich Erhöhung der Milchmenge und des -fettgehaltes (Ziel 4 %, ab 1956 5 %) prägten das Zuchtziel. K. erkannte die entscheidende Rolle des Euters bei der Leistungssteigerung. Er entwickelte ein Punkteschema, das in ähnlicher Form für Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft-Prüfungen übernommen wurde. Er analysierte zudem die Blutlinien sowie die Ahnen- und Verwandtschaftsleistungen und ermittelte so bei Töchter-/Müttervergleichen und mit dem Einsatz von Fettbullen die Leistungsvererber. K. hatte wesentlichen Anteil daran, daß 1934 das Deutsche Rinderleistungsbuch in ein Dauerleistungsbuch überführt und 1946 das Elite-Buch für Zuchtkühe und -bullen eingeführt wurde. Er zählt als Gestalter des schwarzbunten Niederungsrindes zu den Großen der Tierzucht, die Rassen wie das veredelte Landschwein oder das Hannoversche Pferd schufen, und wurde für seine Leistungen vielfach geehrt, u. a. 1937 mit der Goldenen Hermann-von- Nathusius-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde, 1947 mit dem Dr. h.c. der Universität Halle, 1952 mit dem Bundesverdienstkreuz und mit der Ehrenmitgliedschaft der Herdbuchgesellschaft Sachsen-Anhalt.

Werke: Inzucht und Individualpotenz in der schwarzbunten Rinderzucht, 1921; Die wichtigsten Blutlinien des Ostfriesischen schwarzbunten und rotbunten Rindes, 1923, 31933; Ostfrieslands Rinderzucht zwischen zwei Weltkriegen (1920–1940), 1946; Ostfriesische Elitebullen 1900–1940, 1948.

Literatur: Johanna K.-Forsthoff, A. K. Ein Leben für die Tierzucht, 1959 (*B); Heinz Brandsch, Kurzbiographien deutscher Tierzüchter der Vergangenheit, Ms. 21990, 70 (Universität Leipzig); Fs. 120 Jahre Rinderzuchtgenossenschaft Fischbeck. 40. Todestag Dr. h.c. A. K., 1996 (B).

Lothar Drebber

letzte Änderung: 09.02.2005