Schmeil, Franz Otto, Prof. Dr. phil.
geb. 03.02.1860 Großkugel bei Halle,
gest. 03.02.1943 Heidelberg,
Pädagoge, Privatgelehrter, Biologe.

Sowohl S.s Vater Eduard Heinrich S. als auch seine beiden Großväter wie auch weitere Vorfahren waren Dorfschullehrer im Saalkreis. S. besuchte in Großkugel und Gröbers die Dorfschule und wurde, nachdem sein Vater bei einem Schulausflug tödlich verunglückt war, 1870 in die Waisenanstalt der Franckeschen Stiftungen in Halle aufgenommen. Bereits als Schüler durchstreifte er seine Heimat und legte hier den Grundstock seiner umfangreichen Tier- und Pflanzenkenntnisse, bemerkte aber auch den mangelhaften Schulunterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern. Zur Ausbildung als Lehrer besuchte S. 1874–77 die Präparandenanstalt in Quedlinburg und 1877–80 das Lehrerseminar in Eisleben. In Zörbig fand er 1880 eine erste Anstellung als Lehrer und übte 1883–94 ein Lehramt an Volksschulen in Halle aus, das ihm nebenher das Studium der Naturwissenschaften an der Universität ermöglichte. Im Zoologischen Institut beschäftigte er sich vorwiegend mit Untersuchungen an Kleinkrebsen, einer wichtigen Nahrungsquelle höherer Wassertiere. Mit den erzielten Ergebnissen wurde S. 1891 von der Universität Leipzig promoviert. Nach seiner Mittelschullehrer- und Rektorenprüfung übernahm er 1894 das Rektorat der 1. Wilhelmstädter Volksschule, einer der größten Volksschulen Magdeburgs mit etwa 1.400 Schülern und mehr als 40 Lehrkräften. Hier verfaßte er 1896 seine Streitschrift zur Reform des naturwissenschaftlichen Unterrichts, der vor allem die Beobachtungsgabe der Schüler schärfen und sie lehren sollte, Tatsachen zu werten, zu ordnen und Schlußfolgerungen selbst zu ziehen. Mit dieser Zielstellung erarbeitete S. ab 1898 “Lehrbücher” der Zoologie und Botanik, die er ab 1900 auch als schülergerecht gekürzte “Leitfäden” für höhere Lehranstalten sowie vereinfacht als “Grundrisse” der Tier- und Pflanzenkunde herausgab. In dieses Unterrichtswerk bezog S. auch Menschenkunde und Gesundheitslehre ein. Der klare Text wurde durch instruktive Bilder ergänzt, wobei “der S.” das erste Biologielehrbuch war, das neben Tafeln und Strichzeichnungen auch Fotografien enthielt. Zur Unterstützung des Unterrichts ließ S. Wandtafeln erarbeiten, auf denen Einzelteile der dargestellten Pflanzen oder Tiere noch aus größerer Entfernung gut zu erkennen waren. 1903 veröffentlichte S. gemeinsam mit Jost Fitschen, der als Lehrer an derselbe Schule sich mit floristischen Studien beschäftigt hatte, die “Flora von Deutschland”, ein einfach zu handhabendes Buch zum Bestimmen der heimischen Pflanzenarten, das seit seinem Erscheinen in einer Gesamtauflage von mehr als zwei Millionen. Exemplaren verbreitet worden ist. Um sich ganz der Ausgestaltung seines Unterrichtswerkes widmen zu können, schied S. 1904 aus dem aktiven Schuldienst aus und übersiedelte von Magdeburg zunächst nach Marburg, später nach Wiesbaden und schließlich nach Heidelberg, wo ihm die Bibliotheken und reichen Sammlungen der Universitäten zur Verfügung standen. Sein Unterrichtswerk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und sogar in Blindenschrift übertragen. Das preußische Kultusministerium verlieh ihm 1904 den Titel eines Professors, die Universität Leipzig würdigte ihn 1941 im goldenen Doktordiplom als “Reformator des biologischen Unterrichts”.

Werke: Beiträge zur Kenntnis der Süsswasser-Copepoden Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Cyclopiden (Diss. Leipzig), in: Zs. für Naturwissenschaften 64, 1891; D freilebende Süsswasser-Copepoden, in: Bibliotheca zoologica (3 Bde),Dtls 1892–1893; Über die Reformbestrebungen auf dem Gebiet des naturgeschichtlichen Unterrichts, 1896, 111913; Lehrbuch der Zoologie, 1898, 471926; Leitfaden der Zoologie, 1900; Lehrbuch der Botanik, 1903; 541951; Leitfaden der Botanik, 1905; S.s Biologisches Unterrichtswerk: Pflanzenkunde, 1981986 und Tierkunde, 2001986; Flora von Deutschland und seinen angrenzenden Gebieten, 1903, 901996 (mit Jost Fitschen).

Literatur: DBE 8, 694f.; KGL 4, 1931; Wer ist’s 10, 1935; Hermann Gelbke, O. S., in: Dem Eisleber Seminar zur Hundertjahr- und Abschlußfeier 1926, 1926, 87–93; August Seybold u. a. (Hg.), O. S. Leben und Werk eines Biologen, 1954, 21986 (*B); Anette Schenck, O. S. Leben und Werk, 1998.

Hermann Grünzel