Karstädt, Otto, Prof.
Dr. phil. |
Der Sohn des Landwirts Karl K. besuchte 1883–91 die einklassige Volksschule in Wust, 1891–94 die Präparandenanstalt in Genthin und 1894–97 das evangelische Lehrerseminar in Osterburg/Altmark. Nach der ersten Lehrerprüfung arbeitete er von 1897 bis 1908 als Volks- und Mittelschullehrer in Magdeburg, u. a. an der Volks-Knaben-Schule. Hier betätigte er sich auch als niederdeutsch-altmärkischer Erzähler und setzte sich mit dem Verhältnis von Mundart und Schulunterricht auseinander. Zwischenzeitlich lehrte er an einer Privatschule in Paris (1899) und besuchte als Gasthörer auch die Sorbonne und das Collège de France. Im Winter 1900/01 hospitierte er bei einem krankheitsbedingten Aufenthalt in Recco bei Genua an den ersten in Italien gegründeten Maria-Montessori-Schulen. Nach seiner Mittelschullehrer- und Rektorenprüfung in Magdeburg war K. als Volksschulrektor in Bad Schmiedeberg (1909–13) und Nordhausen (1914–18) tätig und gehörte dort zu den führenden Vertretern des Preußischen Lehrervereins. Neben dem Schulamt studierte er 1909–15 Philosophie, Pädagogik, Germanistik, Staatswissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Leipzig und Jena, wo er 1915 promovierte und die Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen ablegte. Ab 1919 war K. zunächst als Hilfsarbeiter, später als Geheimer Regierungsrat und als Ministerialrat im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Berlin tätig, wurde Mitglied der SPD und der Deutschen Liga für Menschenrechte. Nach Gastdozenturen in England und den USA oblag K. 1929–32 eine Professur für Allgemeine Erziehungswissenschaften/Unterrichtswissenschaften an der Pädagogischen Akademie Hannover, mit deren Schließung er in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Er kehrte nach Berlin zurück und war 1936–43 ständiger Mitarbeiter an Ernst Bargheers Zeitschrift Der Deutsche Volkserzieher, der Halbmonatsschrift Die Volksschule (bis 1941) sowie Mitarbeiter des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht in Berlin. 1946 erhielt er einen Lehrauftrag für Methodik des Deutschunterrichts an der Universität Berlin und beteiligte sich an der Neufassung der Volksschulmethodik in der Sowjetischen Besatzungszone. K. gehörte zu den wichtigen reformpädagogischen Theoretikern und Publizisten seiner Zeit, war ein bekannter Deutsch-Methodiker und einflußreicher ministerieller Förderer von pädagogischen Reformprojekten der Weimarer Zeit, auch der Schulversuche in Magdeburg.
Werke: Spoß mütt sind, 1897; Plattdütsch Blomengarden, 1907; Mundart und Schule, 1908, 51928; Rousseaus Pädagogik, 1911, Methodische Strömungen der Gegenwart, 1919, 171930; Neuere Versuchsschulen und ihre Fragestellungen, in: Jb. des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, 1923, 87–133; Versuchsschulen und Schulversuche, in: Herman Nohl/Ludwig Pallat (Hg.), Hdb. der Pädagogik, Bd. 4, 1928, 333–364.
Literatur: Wer ist’s, 101935; Lexikon der Pädagogik der Gegenwart, Bd. 1, 1930, Sp. 1321f.; Gertrud Rosenow, O. K. zum Gedächtnis, in: die neue schule 2, H. 15, 1947, 534f.; Franz Hilker, Ein Leben mit der Schule und für die Schule. Zum 90. Geburtstag O. K.s, in: Neue deutsche Schule 18, H. 19, 1966, 328–331; Alexander Hesse, Die Professoren und Dozenten der preußischen Pädagogischen Akademien (1926–1933) und Hochschulen für Lehrerbildung (1933–1941), 1995, 408f.; Reinhard Bergner, Die Berthold-Otto-Schulen in Magdeburg, 1999, 82–87.
Bildquelle: *Günter Heine, Wust (privat).
Reinhard Bergner
letzte Änderung: 09.02.2005