Cloos, Hans, Prof. Dr. phil. habil.
geb. 08.11.1885 Magdeburg,
gest. 26.09.1951 Bonn,
Geologe, Hochschullehrer.

C. war der Sohn eines bei der Eisenbahn beschäftigten Regierungsbaumeisters. Seine Familie mit französischen und italienischen Vorfahren stammte aus Saarbrücken. C. besuchte in Saarbrücken und Köln das Gymnasium und studierte danach bei Gustav Steinmann in Bonn, Johannes Walther in Jena und Wilhelm Deeke in Freiburg/Breisgau Geologie und Naturwissenschaften. 1909 promovierte er bei Deeke mit dem Thema “Tafel- und Kettenland im Basler Jura”. Anschließend reiste er erstmals über Neapel nach Afrika. Er besuchte Bergwerke sowie geologisch und landschaftlich interessante Punkte wie die Victoria-Fälle, die Diamantfelder und das Erongo-Massiv mit seinen Granit-Intrusionen im damaligen Deutsch-Südwestafrika. Bis 1913 arbeitete er als Erdölgeologe auf Sumatra. Zu Beginn des I. Weltkrieges war er Privatdozent in Marburg. 1914 habilitierte er sich mit einer Untersuchung an Jura-Ammoniten aus dem Molukkengebiet bei Emanuel Kayser. In dieser Zeit hatte er persönlichen und wissenschaftlichen Kontakt mit Alfred Wegener, dem Begründer der Kontinentalverschiebungstheorie. 1919 wurde er als Professor für Geologie nach Breslau berufen. Hier entwickelte er die Granittektonik als eine Forschungsrichtung zur Behandlung magmatischer Probleme. Am geologischen Institut schuf er eine einmalige kollegiale Atmosphäre, aus der eine Reihe ausgezeichneter Hochschullehrer hervorging. Seit 1926 war er Professor der Geologie in Bonn. Dort führte er Modellversuche mit nassem Ton durch und wurde durch die Entwicklung der experimentellen Richtung der tektonischen Geologie zum Mitbegründer der Ingenieurgeologie. Weiterhin veröffentlichte er Arbeiten auf dem Gebiet der Tektonik und des Baus der Plutone. C. unternahm zeit seines Lebens ausgedehnte Reisen und unterhielt langjährige Freundschaften (vgl. das autobiographische “Gespräch mit der Erde”, 1947). Seine lebendige Menschlichkeit und die Bildhaftigkeit seiner Sprache erreichten zahlreiche Menschen auch außerhalb der Geologie. Seit der Zeit des Nationalsozialismus sah C. seine Aufgabe darin, dem Abbau der wissenschaftlichen und menschlichen Beziehungen entgegenzuwirken. Die Möglichkeit hierzu fand er in der Geologischen Vereinigung, deren Vorsitz er 1934 übernahm. Durch die Schriftleitung der Geologischen Rundschau von 1924 bis zu seinem Tode 1951 verhinderte er eine Isolierung der Geologie in Deutschland vom Ausland. C. besaß zudem eine hohe und vielseitige künstlerische Begabung. In seinem Lehrbuch “Einführung in die Geologie” (1936) wird die Klarheit des Stils nur noch durch die Anschaulichkeit und die ästhetische Schönheit der vielen von C. selbst gezeichneten Abbildungen übertroffen. Das letztgenannte Werk ist auch ein Zeitdokument, in dem C. darauf hinweist, daß die Entdeckung der Kraftreserven der Atomspaltung “die größte tektonische Revolution der Erdgeschichte ist”. C. setzte dieser katastrophalen Entwicklung am Ende des II. Weltkrieges die Hoffnung entgegen, daß jeder einzelne Mensch sich zum Auge und zum Mund der Schöpfung entwickeln kann. So gesehen ist Geologie “Musik der Erde”. 1949 wurde er in der Sowjetischen Besatzungszone für den Nationalpreis II. Klasse vorgeschlagen. Infolge der Abspaltung der westlichen Besatzungszonen nahm er den Preis von Bonn aus nach verwickelten Auseinandersetzungen nicht an.

Werke: s.o.; Zur Entstehung schmaler Störungszonen, in: Geologische Rundschau 7, 1916; Tektonische Probleme am Nordrand des Harzes, in: ebd. 8, 1917, 314; Geologie der Schollen in schlesischen Tiefengesteinen, in: Abh. der Preußischen Geologischen Landesanstalt  N. F., H. 81, 1920; Bau und Bodenschätze Osteuropas, 1921 (mit Ernst Meister).

Nachlaß: Geologisches Institut der Universität Bonn; Geologenarchiv der Universität Freiburg/Breisgau.

Literatur: Serge von Bubnoff, H. C. †, in: Geologische Rundschau 41, 1953 (B); H. Martin, H. C. 1885–1951, in: Bonner Gelehrte: Mathematik und Naturwissenschaften, 1970, 171–182; H. C. Kolloquium 1985. Zum 100. Geburtstag von H. C. 1885–1951, Fs. der Geologischen Vereinigung und des Geologischen Instituts der Universität Bonn, 1985; Jürgen Werner Hubbe/P. Kühn, Gespräch mit der Erde – zum 100. Geburtstag von H. C., in: Abh. und Berichte für Naturkunde und Vorgeschichte 12, 1987, 37–48; Ernst Seibold, H. C. (1885–1951). Dokumente aus dem Leben, in: International Journal of Earth Sciences 88, 2000, 853–867.

Bildquelle: *Helmut Graberth, Krefeld (privat).

Jürgen Werner Hubbe