Schmelzer, Friedrich |
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S. verlebte seine Jugendzeit in Calbe und absolvierte dort auch eine kaufmännische Lehre. Ab 1854 war er als Buchhalter in der Siderolithfabrik Schulze & Bauermeister in Althaldensleben tätig und trat bereits Anfang 1858 als Teilhaber in die Siderolithfabrik Raschke & Co. ein. Nach dem Ausscheiden Raschkes 1861 erwarb S.s Schwiegervater August Gerike dessen Rechte an der Fabrik. 1863 nahm S. in Althaldensleben – als erster in Deutschland neben einer Fabrik bei Bremen – die Fabrikation deutschen Steingutes auf. Kurz darauf stellte er die Tonwarenherstellung gänzlich ein, verkaufte die Produktionsanlagen und legte Anfang 1865 den Grundstein für eine neue Steingutfabrik, die nach dem Eintritt seines Schwagers, des Maschinentechnikers Karl Gerike, unter Schmelzer & Gerike firmierte. Nach 1868 wurde die schnell prosperierende Firma, die wesentlich von der Erbauung der Magdeburg-Oebisfelder Bahn profitieren konnte, mehrfach vergrößert und umgebaut und entwickelte sich zu einem vielbesuchten Musterbetrieb. S. war bestrebt, der Firma einen hervorragende Stellung im Exportverkehr zu erringen und die Waren auch überseeisch auszuführen. Mit Hilfe der Hamburger Exportfirma J. & M. Salomon gelang es S., als erster deutscher Produzent mit den Engländern im Steinguthandel auf dem Weltmarkt zu konkurrieren. Er forcierte den Erfolg durch die Einführung geschmackvoller Formen und durch ein spezifisch leichteres Gewicht des Produkts bei gleicher Haltbarkeit. Die Erzeugnisse der Firma erhielten auf den Weltausstellungen in Porto Allegro (1881) und Antwerpen (1886) Gold- und Silbermedaillen. Die Firma, die 1907 mehr als 1.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigte, prägte die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung Althaldenslebens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entscheidend. S. unterstützte das Bestreben vieler seiner zugezogenen Arbeiter, sich dauerhaft in Althaldensleben anzusiedeln, und stellte Mittel für die Errichtung neuer Straßenzüge bereit. Von 1877 bis 1903 gehörte er der Gemeindevertretung an und wurde 1904 kurz vor seinem Tode zum Ehrenbürger von Althaldensleben ernannt. Er war lange Jahre Vorstandsmitglied des Verbandes keramischer Gewerke in Deutschland, Delegierter der Töpferei- Berufsgenossenschaft und Mitbegründer der Vereinigung deutscher Steingutfabriken GmbH, deren Aufsichtsrat er angehörte. Für die evangelischer Gemeinde Neuhaldenslebens stiftete S. eine Friedhofskapelle, auch für soziale Zwecke gab er Spenden und errichtete Stiftungen für Bedürftige (Schmelzer'sche Stiftung). Die Firma wurde unter traditionellem Namen von seinen Söhnen Friedrich jun. und Johannes S. weitergeführt.
Literatur: Wochenblatt für die Kreise Neuhaldensleben, Gardelegen und Wolmirstedt und den Amtsbezirk Calvörde vom 05.06.1890; dass. vom 28.01.1897; dass. vom 12.09.1934; Stadt- und Landbote Neuhaldensleben vom 03.04.1908.
Bildquelle: *Museum Haldensleben.
Wilhelm Bork/Guido Heinrich