Reuter, Gabriele
geb. 08.02.1859 Alexandria (Ägypten),
gest. 16.11.1941 Weimar,
Schriftstellerin.

R., Tochter des Großkaufmanns Karl R. aus Pommern (Treptow) und Schwägerin von Heinrich von Nathusius, lebte mit den Eltern zunächst in Alexandria. 1864 zog sie mit ihrer Mutter Johanne, geb. Behmer, und den Geschwistern nach Dessau, wo sie von 1867–68 die Braunsche Schule besuchte. Die Familie ging 1869 wieder nach Alexandria und kehrte nach dem Tod des Vaters 1872 erneut nach Deutschland zurück, wo R. zusammen mit der Mutter in Neuhaldensleben bei Magdeburg wohnte und von 1872–73 Zögling des Breymannschen Instituts in Neu-Watzum bei Wolfenbüttel war. Danach folgten verschiedene Aufenthalte: ab 1880 in Weimar, 1895–99 in München, 1899–1929 in Berlin, 1929–41 wieder in Weimar. R. war eine bedeutende Autorin der Jahrhundertwende. Von Thomas Mann wurde sie als souveränste Schriftstellerin ihrer Zeit bezeichnet. Erste schriftstellerische Versuche erschienen in der Magdeburgischen Zeitung und der Elberfelder Zeitung, dem folgten zahlreiche Romane, Gedichte und Novellen, die Themen der damals aktuellen Frauenbewegung behandeln. Ihr erster gelungener und sogleich Aufsehen erregender Roman “Aus guter Familie” (1895) schildert den tragischen Zusammenprall einer nach Entfaltung ihrer Individualität strebenden Frau mit den lebensfeindlichen Normen der sie umgebenden Ordnung. Die hier noch dem Realismus verpflichtete Schreibweise wird in “Ellen von der Weiden” (1900) von einer fragmentarisch-reflexiven abgelöst, eine Entwicklung, die von der Beschäftigung mit Nietzsche oder der Bekanntschaft mit Ibsen und später mit dem Kreis der Freien Bühne in Berlin beeinflußt sein mag. Auch in anderen Werken behandelte R. vorzugsweise die soziale und seelische Problematik der bürgerlichen Frau. R.s Versuche, an eine weiblichen Literaturtradition anzuknüpfen, lassen ihre bedeutenden Monographien zu Annette von Droste-Hülshoff (1905) und Marie von Ebner-Eschenbach (1904) erkennen. Später verfaßte sie Unterhaltungsliteratur, wie den Familienroman “Grüne Ranken und alte Bilder” (1937).

Werke: s. o.

Nachlaß: DLA Marbach.

Literatur: Kosch LL 12, Sp. 1073f.; Killy 9, 405; Timon Schroeter (Hg.), Für unser Heim! Bunte Spenden deutscher Dichter und Denker der Gegenwart, 1902, 270f. (B); Richard L. Johnson, G. R. Romantic and Realist, in: Susan L. Cocalis/Kai Goodman (Hg.), Beyond the eternal feminine. Critical essays on women and german literature, 1982, 225–244; Faranak Alimadad-Mensch, G. R. Portrait einer Schriftstellerin, 1984 (W); Linda Kraus Worley, G. R. Reading Women in the Kaiserreich, in: Gerhard P. Knapp (Hg.), Autoren Damals und Heute. Literaturgeschichtliche Beispiele veränderter Wirkungshorizonte, 1991, 419–439; Elke Frederiksen, Der literarische Text im späten 19. Jahrhundert als Schnittpunkt von regionalen, überregionalen und Geschlechts-Aspekten. G. R.s Roman “Aus guter Familie” zum Beispiel, in: Anselm Maler (Hg.), Literatur und Regionalität, 1997, 157–166.

Bildquelle: *Reichshdb 2.

Mandy Funke

letzte Änderung: 05.04.2006