Lehrmann, Ruth
geb. 27.03.1921 Emden/Kreis Haldensleben,
gest.16.12.1992 Emden,
Buchhändlerin.

L. wuchs als ältestes Kind des Lehrers Hugo L. in Emden, am Nordrand der Magdeburger Börde auf. Zeitig übernahm sie Pflichten zur Unterstützung der Eltern. Sie absolvierte das Lyzeum in Magdeburg und erwarb 1937 die mittlere Reife. Im Frühjahr 1940 begann sie eine Lehre als Buchhändlerin in der Firma von Ernst Schulze in Stendal. Hier ging sie auch in die Kaufmännische Berufsschule, legte bei ihrem Lehrmeister Schulze die Gehilfenprüfung ab und arbeitete 1942/43 in der Buchhandlung. Die berufliche Entwicklung wurde durch den Kriegsdienst unterbrochen, der L. als Lageristin und Einkäuferin in die AGO Flugzeugwerke Oschersleben führte. 1949 setzte sie in einer Buchhandlung in Luckenwalde ihre buchhändlerische Tätigkeit fort. Nachdem 1948 der “Bücherfreund” als erste Volksbuchhandlung Magdeburgs gegründet worden war, nahm L. hier 1953 ihre Arbeit auf. Die Buchhändlerin mit “Leib und Seele” blieb bis zum Antritt der Rente 1984 dem Volksbuchhandel, der Literatur und ihrer Familie treu. Selbst unverheiratet, verbrachte sie ihren Lebensabend in ihrem Heimatort. L.s Verdienste lagen im Aufbau des Volksbuchhandels in Magdeburg und in einer modernen Auffassung von Verkaufskultur und Literaturvertrieb, die sie als engagierte Leiterin verschiedener Buchhandlungen über die Grenzen des Volksbuchhandels im Bezirk Magdeburg hinaus entwickelte und weitergab, in die Lehrausbildung einbrachte und in den Magdeburger Buchhandlungen mit umzusetzen half. Aus den Traditionen der SPD-Volksbuchhandlungen und des  KPD-Literaturvertriebes waren bereits 1945 die ersten Volksbuchhandlungen entstanden, von denen der “Bücherfreund” bis 1960 die größte Magdeburger Volksbuchhandlung war. L. förderte die Anfänge einer Werbeabteilung, führte den Schulbuchvertrieb über die Volksbuchhandlungen ein und organisierte ein sich ständig weiterentwickelndes Netz von Agentur- und Vertriebsmitarbeitern. Die Philosophie, mit dem Buch in Betriebe und Einrichtungen zu gehen, führte nicht nur sehr viele Menschen an die Literatur heran, es war auch eine für den Volksbuchhandel wichtige Umsatzquelle. Mit der Übernahme der Leitung einer der größten neu gebauten Buchhandlungen in der DDR, der Erich-Weinert-Buchhandlung, spezialisierte sie den Sortimentsbuchhandel als die in Selbstbedienung erfolgreichste Form der Präsentation von Büchern, die sich dann auch durchsetzte. Als Bezirksdirektorin des Volksbuchhandels in Magdeburg von 1962 bis 1968 steigerte sie den Jahresumsatz um 37 Prozent, rang um die Erweiterung des Handelsnetzes, legte in den Räumen der Weinert-Buchhandlung den Grundstein für das “Magdeburger Antiquariat” und brachte mit Buchverkaufsausstellungen, Lesungen, Schaufenstergestaltungen und einem modernen Berufsprofil des Buchhändlers die Arbeit in den Buchhandlungen stärker ins öffentliche Bewußtsein. Auf ihr Engagement gingen die Neubauten der Otto-von-Guericke-Buchhandlung (1968) und der Gustav-Ricker-Buchhandlung (1978) in Magdeburg zurück. L. arbeitete an einer zweibändigen Chronik des Volksbuchhandels in der DDR von 1945 bis zu Beginn der 1980er Jahre mit, die sie 1983 der Betriebsleitung übergab. Sie war ab 1959 die erste Vorsitzende der Betriebsgewerkschaftsleitung, wurde 1960 Mitglied der SED und erhielt für ihr Wirken mehrere staatliche Auszeichnungen.

Literatur: Unterlagen Hans-Joachim L., Magdeburg (privat).

Bildquelle: *ebd.

Heike Kriewald