Helle, Ernst Christoph (Christian)
geb. 09.08.1759 Neuhaldensleben,
gest. 01.10.1826 Magdeburg,
Kaufmann, Fabrikant.

Der Sohn des Brauers und Zollbereiters Johann Gottlieb H. absolvierte ab 1772 in seinem Heimatort eine kaufmännische Lehre. Nach deren Beendigung trat er in Magdeburg als Kommis in die Materialwarenhandlung Meitzendorf ein. 1783 übernahm er das Geschäft seines Prinzipals, heiratete kurz darauf dessen Tochter Johanna Katharina und führte das Geschäft erfolgreich weiter. Nach der Zerstörung seiner Firma durch einen Brand 1788 wurde er Partner des Kaufmanns Stephan Reinhardt, mit dem er eine der ersten Zichorienfabriken in Magdeburg gründete. Die durch Napoleon am 25.03.1811 und am 15.01.1812 erlassenen Dekrete zur Schaffung einer Rübenzuckerindustrie veranlaßten auch H., der als umsichtiger Kaufmann seit Mitte der 1790er Jahre auch im Bankgeschäft tätig war und außerdem Experimente zur Rübenzuckerherstellung durchgeführt hatte, von 1811 bis 1815 eine entsprechende Fabrik unter dem Namen Reinhardt & H. zu betreiben. Bei der Gründung der Magdeburger Korporation der Kaufmannschaft 1825 wurde der frühere Innungsmeister der Seidenkramer-Innung als einer der Stellvertreter des Ältestenkollegiums gewählt. Neben seinen wirtschaftlichen Unternehmungen erwarb sich H. besondere Verdienste im sozialen und kommunalpolitischem Bereich. Dabei engagierte er sich über 35 Jahre besonders für die armen und hilfebedürftigen Einwohner Magdeburgs in zahlreichen städtischen Wohltätigkeitsanstalten. Als Distriktsarmenvorsteher war er seit 1792 Mitglied der Armenholzversorgungsgesellschaft und Mitvorsteher des Hospitals St. Gertraud sowie seit 1793 ökonomischer Direktor des Stadtarmenhauses. Außerdem wurde er u. a. 1804 Mitvorsteher des Siechenhauses (später Stift St. Georgii), 1815 Mitglied des Kreisausschusses für die Verwaltung des Invalidenfonds, 1817 wirkliches Mitglied des Almosenkollegiums und 1824 Mitvorsteher des Bürger-Rettungs-Instituts. H., der Senior des Kirchenkollegiums St. Johannis, Freimaurer der Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” (1804) und Gemeinderatsmitglied (1809) war, wurde 1810 Chef und Oberst der Bürgergarde. Das hohe Ansehen, das H. in der Magdeburger Bevölkerung genoß, dokumentiert sich im überaus zahlreichen Erscheinen der höchsten Zivil- und Militärbehörden, der Magistratsmitglieder, der Repräsentanten vieler Institutionen und Vereine sowie der Bevölkerung zu seiner Beisetzung am 05.10.1826.

Literatur: Neuer Nekr 4, 1828, 1005–1009.

Archivalien: StadtA Magdeburg: Rep. A II M2b.

Bildquellen: StadtA Magdeburg; *LHASA.

Horst-Günther Heinicke

letzte Änderung: 02.02.2005