Wendler, Dietmar, Prof. Dr. med. habil.
geb. 02.10.1935 Ellefeld/Vogtland,
gest. 14.08.2000 Ilsfeld/Baden-Württemberg,
Arzt.

Als einziges Kind eines Sattlermeisters im Vogtland aufgewachsen, zog es W. nach dem Abitur 1953 nach Leipzig, wo er 1954–59 an der Karl-Marx-Universität Medizin studierte und hier auch sein Staatsexamen ablegte. Vom 3. Studienjahr an war er Vorpräparand in der Anatomie unter Kurt Alverdes und bearbeitete gleichzeitig das morphologisch-funktionelle Thema “Tarsus superior – Struktur und Funktion”, mit dem er 1961 promovierte. Als Assistent der Anatomie holte er 1962 die Vollapprobation nach, 1964 erfolgte die Anerkennung als Facharzt für Anatomie, 1965 dann die Ernennung zum Oberarzt. Nach der Habilitation 1970 mit dem Thema “Der embryonale Zelltod während der Normogenese und im Experiment” unter Rolf Bertolini erhielt er 1974 die facultas docendi und wurde 1979 zum ordentlichen Dozenten für das Fach Anatomie berufen. 1980 erfolgte die Umberufung an die Humboldt-Universität Berlin, wohin er Bertolini folgte. Im September 1988 wurde er zum ordentlichen Professor an die Medizinischen Akademie nach Magdeburg berufen und zum Direktor des Anatomischen Instituts ernannt. Als begeisterter Lehrer stand für W. immer die Lehre im Vordergrund, der er sich mit großem Engagement widmete. Seine Vorlesungen gewannen ein unbekanntes Maß an Lebendigkeit durch seine konsequent funktionelle Betrachtungsweise. Im Laufe seines 40jährigen Berufslebens hat er unzählige Male das gesamte Repertoire anatomischer Vorlesungen und Kurse abgeleistet, insbesondere die allgemeine und spezielle Embryologie des Menschen. Daneben war er auch ein engagierter Forscher, und das verband ihn 25 Jahre mit der Tätigkeit seiner Frau, Petra W., die ihn in dieser Zeit im Labor unterstützte. In den ersten Jahren seiner wissenschaftlichen Tätigkeit galt sein Interesse zunächst makroskopisch- anatomischen Fragestellungen, dabei stets mit dem Blick auf die sich entwickelnde neue Technik Histochemie. Untersucht wurden das proximale Urnierennephron, die Urnierenkanälchen, der WOLFF- und MÜLLER-Gang beim Hühnchen. Mit gleicher Technik wurden Untersuchungen am Ductus deferens des Menschen und Zysten der Glandulae parathyroideae vorgenommen. In den folgenden Jahren fühlte sich W. vor allem zur embryologischen Forschung hingezogen. Von 1966 bis 1980 leitete er die Arbeitsgruppe Teratologie an der Leipziger Anatomie, die vorrangig Auftragsforschung für den VEB Arzneimittelwerk Dresden (AWD) durchführte: Getestet wurden neu synthetisierte Pharmaka auf Teratogenität während der Schwangerschaft, daneben liefen Untersuchungen mit den lathyrogenen Substanzen Aminoacetonitril und Beta-Aminopropionitril auf teratogene Wirkung beim Rattenkeimling. 1975 übergab die Arbeitsgruppe einen zweibändigen Testkatalog “Teratologische Testung pharmazeutischer Substanzen” an die pharmazeutische Industrie der DDR. Als Sekretär und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Anatomie der DDR (1978–82) gründete W. 1978 die Arbeitsgemeinschaft “Teratologie” und organisierte sieben Symposien für diese Arbeitsgemeinschaft. Am 10. Jubiläumssymposium im Jahr 2000, auf dem eine Deutsche Gesellschaft für Teratologie gegründet wurde, konnte er aus Krankheitsgründen nicht mehr teilnehmen.

Werke: Herz und Blutgefäßsystem, in: Rolf Bertolini (Hg.), Systematische Anatomie des Menschen, 1979, 51995, 145–204; Lymphsystem, in: ebd., 205–218; Gehirn, in: ebd., 343–378; Teratologie, in: Heinz David (Hg.), Wörterbuch der Medizin, Bd. 2, 121984, 141990; Embryologie des Menschen, 1992, 21995 (mit Paul Rother); Grundzüge der Allgemeinen Embryologie, in: Anton Waldeyer/Anton Mayet (Hg.), Anatomie des Menschen. Für Studierende und Ärzte, 161993, 66–105; Zur teratoprotektiven Wirkung von Centrophenoxin (Cerutil) am trypaninduzierten Fehlbildungsmodell bei der Wistar-Ratte, in: Reinhart Korte/Jochen Fanghänel/Reinhart Gossrau (Hg.), Teratologie, 1993, 147–158 (mit Lutz Günther); Harnapparat, in: Werner Linß/Jochen Fanghänel (Hg.), Histologie, 1999, 205–218; Immunabwehr, in: ebd., 121–134.

Bildquelle: *Sammlung Joachim Fröhlich, Magdeburg (privat).

Joachim Fröhlich

letzte Änderung: 02.03.2005