Barnick, Erna , Dr. phil.
Ps.: Trude Richter, seit 1932
geb. 19.11.1899 Magdeburg,
gest. 20.01.1989 Berlin,
Pädagogin, Literaturwissenschaftlerin, Publizistin.

B., Tochter eines Oberpostrates in Magdeburg, besuchte Lyzeum und Oberlyzeum in Dresden und Danzig. In Frankfurt/Main begann sie 1919 mit der Lehrtätigkeit an einer Hilfsschule ihre Lehrerausbildung, studierte 1920–24 Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte in Berlin und Frankfurt/Main und erwarb 1926 in Berlin die Lehrbefähigung zur Gymnasiallehrerin für Germanistik und Geschichte. Sie schloß sich hier der zuvor gebildeten kommunistischen Studentengruppe an. In den nächsten Jahren konnte sie jedoch keine schulische Festanstellung erlangen, war arbeitslos bzw. leistete zeitweilige Vertretungs- und Aushilfstätigkeiten u. a. als Religions- und als Sportlehrerin. Sie nutzte diese Zwischenzeiten zu zahlreichen Auslandaufenthalten. Seit 1926/27 lebte sie in Lebensgemeinschaft mit dem Nationalökonomen Dr. Hans Günther. Beide traten 1930 der KPD bei und kamen in engeren Kontakt mit führenden linken Intellektuellen wie Johannes R. Becher, Berta Lask, Georg Lukács, Ludwig Renn und Friedrich Wolf. Seit 1931 fest in Berlin ansässig, wurde B. 1932 zum 1. Sekretär des ab 1933 verbotenen Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS) gewählt. Seit Januar 1933 nahm sie am beginnenden Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur teil, leistete Kurierdienste zwischen Berlin und Prag, sammelte Material für illegale Publikationen und verbarg Verfolgte. Im Frühjahr 1934 war sie gezwungen, in die Sowjetunion zu emigrieren. Dort traf sie wieder mit ihrem seit 1932 dort wissenschaftlich arbeitenden Lebensgefährten zusammen. Sie konnte am Moskauer pädagogischen Institut für neuere Sprachen Vorlesungen und Seminare übernehmen und an einer eigenen Habilitation arbeiten. Ende 1937 wurden beide in Moskau unter letztlich unbegründetem Verdacht “konterrevolutionärer Tätigkeit” verhaftet. Während ihr Lebensgefährte 1938 in einem Arbeitslager in Sibirien verstarb, wurde B. zu fünf Jahren “Besserungslager” verurteilt. Sie verbrachte im sowjetischen Fernen Osten, zuletzt in Magadan am Ochotskischen Meer, über 19 Jahre als Zwangsarbeiterin und “freie Verbannte”. Erst nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 konnte sie u. a. durch Vermittlung von Anna Seghers und offiziell rehabilitiert in die DDR zurückkehren. Ab 1957 übte sie in Leipzig, dem “Ithaka meiner Odyssee”, bis zu ihrem Ausscheiden aus Altersgründen 1966 eine Lehrtätigkeit am Literaturinstitut “Johannes R. Becher” aus. Sie wirkte dort vor allem als Mentorin später bekannter Schriftsteller wie Hans Weber, Horst Salomon, Max Walter Schulz und Günter Görlich. Als Schriftstellerin avancierte sie zur Chronistin der sozialistischen Literaturbewegung. B. blieb bis zu ihrem Lebensende eine überzeugte Kommunistin.

Werke: Volksbuch von Barbarossa, 1925; Der Kaiser Barbarossa, 1926; Die bildende Kunst im Rahmen der Deutschkunde, 1927; Das Glück des Bitteren. Reise durch die Literatur, 1969; Die Plakette. Vom großen und kleinen Werden (Erinnerungen, 1. Tl.) 1972; Totgesagt – Erinnerungen (2. Tl.), 1990.

Literatur: Hdb SBZ/DDR, 714; Wer war DDR, 701; Kosch LL 12, Sp. 1169; Elisabeth Schulz-Semrau, “Sie sind vergüteter Stahl”, in: T. R., Totgesagt – Erinnerungen, 1990, 458ff; Simone Barck/Sylvia Schlenstedt u. a. (Hg.), Lexikon sozialistischer Literatur, 1994, 391.

Joachim Hoffmann