Fuchs, Ludwig
geb. 12.07.1887 Floh/Kreis Schmalkalden,
gest. 14.02.1971 Barby,
evangelischer Theologe.

F. wurde als viertes Kind eines pensionierten Distrikt-Einnehmers geboren und studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Darmstadt (1896–1906) in Halle und Gießen evangelische Theologie. 1913 wurde er ordiniert und trat in die evangelische Hessische Heimatkirche ein. F. nahm als Freiwilliger am I. Weltkrieg teil und kehrte als Leutnant nach mehr als dreijähriger Kriegsgefangenschaft 1920 nach Deutschland zurück. Nach erneuten Diensten für die evangelische Hessische Heimatkirche (bis 1925) sowie für die Kirche des Rheinlandes und der Grenzmark war F. ab 1927 Pfarrer in Dickschied bei Bad Schwalbach/ Taunus. Um für seine vier Kinder bessere Ausbildungsmöglichkeiten zu finden, bewarb er sich um die Pfarrstelle in Barby, die er von Ende 1931 bis zu seiner Pensionierung bekleidete. Nachdem F.s Versuche, das Umfeld des Kirchenlebens attraktiver zu gestalten, gescheitert waren, sah er in den propagierten Reformbestrebungen der Deutschen Christen (DC) eine Chance, die “offensichtlich” bestehenden Mißstände zu beseitigen und gegen den Prozeß der “Entkirchlichung” vorzugehen. Er wurde Mitglied der DC und trat 1933 in die NSDAP ein. Im Zuge der Durchsetzung der nun radikalen programmatischen Ziele der DC, vor allem der rassistischen, ließ er sich jedoch ein Jahr später von der Liste der DC streichen. 1935 wurde ein Parteiausschlußverfahren gegen ihn eingeleitet, dem er durch die Hilfe des ehemaligen Kriegsgefangenenkameraden und damaligen stellvertretenden Gauleiter der NSDAP von Berlin, Arthur Görlitzer, mit einem Verweis entkam. So konnte er zumindest eine “rechtliche” Stellung gegenüber den Nationalsozialisten in den nachfolgenden Differenzen wahren. 1940 zur Wehrmacht eingezogen und 1942 wegen Erreichen des 55. Lebensjahres entlassen, kehrte er in seine alte Stellung als Pfarrer nach Barby zurück. Im April 1945 hatte F. an der kampflosen Übergabe von Barby an die amerikanische Armee einen entscheidenden Anteil. Gegen den ausdrücklichen Befehl von Wehrmacht und nationalsozialistischer Führung hißte er nach deren Flucht aus der Stadt mit verläßlichen Männern Barbys weiße Fahnen auf Kirch- und Wasserturm und ging zum Schutz von Bevölkerung und Stadt mit anderen den Amerikanern entgegen. In Anerkennung seiner mutigen und erfolgreichen Tat, bei der er sein eigenes Leben für die mehr als 5.000 Einwohner der Kleinstadt einsetzte, zeichnete ihn die DDR-Führung 1965 mit der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille aus.

Werke: Erinnerungen aus französischer Kriegsgefangenschaft, 1932; Draußen und Drinnen, Schauen und Sinnen, o. J.

 Literatur: Gisela Reller, Zwischen den Kreuzen, in: Ursula Höntsch (Hg.), Die Stunde Null. Tatsachenberichte über Erlebnisse aus den letzten Tagen des II. Weltkrieges, 1966, 88–92

Archivalien: LHASA: Rep. C 30 Landratsamt und Kreiskommunalverwaltung Calbe A, Nr. 223, Bl. 166ff.; AKPS: Rep. A, Spec. P, F 279 I-II (PA).

Bildquelle: *Rudolf Krebs, Barby (privat).

Andreas Radespiel

letzte Änderung: 19.08.2004