Brandes, Alwin
geb. 12.06.1866 Groß-Schönau/Kreis Zittau,
gest. 06.11.1949 Berlin,
 Schlosser, Gewerkschaftsführer.

B., Sohn des Schlossers und Gewerbetreibenden August B., erlernte nach dem Besuch der Bürgerschule in Quedlinburg und Magdeburg das Schlosserhandwerk. Nach seiner Gesellenprüfung arbeitete er bis 1900 in Maschinenfabriken in Magdeburg, Leipzig und Halle. Seinen aktiven Militärdienst (1886–89) beendete er als Unteroffizier. Seit 1890 Mitglied der SPD und des Deutschen Metallarbeiterverbandes (DMV), wurde B. 1900 zum besoldeten Geschäftsführer von dessen Ortsverwaltung Magdeburg berufen. Seitdem nahm er an Generalversammlungen des DMV und Kongressen der Gewerkschaften Deutschlands teil. Für die SPD wurde er 1901 zum Stadtverordneten in Magdeburg (bis 1918) und 1912 in den Deutschen Reichstag gewählt. Seit 1917 Mitglied der kriegsgegnerischen USPD, trat er auf der 13. Generalversammlung des DMV in Köln mit anderen als Opposition gegen die Kriegspolitik der Gewerkschaftsführungen auf. Während der Novemberrevolution 1918/19 war er Vorsitzender des Arbeiter- und Soldaten-Rates und Stadtrat in Magdeburg. 1919–24 leitete er den Magdeburger USPD-Ortsverband und wurde 1920 für die USPD  in den Deutschen Reichstag gewählt. Auf der 14. Generalversammlung des DMV 1919 in Stuttgart, wählte B. in der Opposition den bisherigen Vorstand ab und wurde dann mit Robert Dißmann und Georg Reichelt einer der drei neuen Vorsitzenden. 1922 trat B. mit der USPD-Minderheit wieder zur SPD über und wurde 1924 für diese erneut in den Reichstag gewählt, wie auch 1928, 1932 und 1933. Nach dem Tode Dißmanns (1926) war er die unbestrittene Führungspersönlichkeit der deutschen Metallarbeiterbewegung und ihres bestimmenden Einflusses im Internationalen Metallarbeiterbund. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften im Mai 1933 vertrat er mutig die finanziellen Ansprüche der ehemaligen hauptamtlichen DMV-Mitarbeiter. 1934 wurde er verhaftet und im Konzentrationslager Oranienburg inhaftiert. 1936 wurde B. erneut festgenommen, vom Volksgerichtshof zwar mangels Beweises freigesprochen, jedoch bis Ende 1937 im Konzentrationslager Sachsenhausen in Schutzhaft genommen. Danach hatte er weitere illegale Kontakte zu sozialdemokratischen Kollegen aus Kreisen der späteren 20.-Juli-Opposition. Obwohl er von diesen als einer der künftigen Gewerkschaftsvorsitzenden vorgesehen war, blieb er in Freiheit. Nach 1945 aktiv in der Berliner SPD in Köpenick/Ostberlin tätig, wurde er im November 1946 zum Vorsteher der dortigen Bezirks- Verordnetenversammlung gewählt. Im Rahmen der innerhalb des FDGB seit 1947 entstandenen Unabhängigen Gewerkschaftsopposition (UGO) war er für eine selbständige Metallarbeiterorganisation tätig.

Literatur: NDB 2, 520; Reichstags Hdb. 1933 (B); Max Schwarz, Biogr. Hdb. der Reichstage, 1965, 278; Peter Steinbach/Johannes Tuchel (Hg.), Lexikon des Widerstandes 1933–1945, 1994, 31; Gerhard Beier, Das ungehörte Lied vom braven Mann. A. B. (1866–1949), 2000; Paul Ufermann, A. B. – Leben und Wirken eines deutschen Gewerkschaftsführers, 1949.

Joachim Hoffmann

letzte Änderung: 01.02.2005