Strumpf, Paul Oskar
geb. 23.09.1881 Groß-Ottersleben bei Magdeburg,
gest. 25.07.1933 n. e.,
Werkzeugmacher, Arbeiterathlet, Arbeitersport-Funktionär.

Mit S.s Namen sind Konsolidierung und Aufstieg der Arbeiter-Schwerathletik zu einem gut organisierten, sozialistisch ausgerichteten, aber parteiunabhängigen und modernen nationalen Verband verbunden. Vor allem das Aufblühen des Bundes nach dem I. Weltkrieg, die Einführung von Lehrkursen, Lehrbüchern und Wettkampfbestimmungen sind sein Verdienst. Seit 1895 Mitglied der Athletik-Sport-Vereinigung Ottersleben, gehörte S. am 25.10.1906 in Berlin zu den Gründungsmitgliedern des Arbeiter-Athleten-Bundes Deutschlands (AABD). 1909 übernahm er Redaktion und Verlag der AABD-Monatsschrift Die Athletik. Ein Jahr später, als er auch den Vorsitz des AABD übernommen hatte, wurde der Sitz des Verbandes von Berlin an seinen Wohnort nach Groß-Ottersleben verlegt. 1912 richtete S. in der Bundesgeschäftsstelle eine zentrale Versandstelle für Sportartikel (Bundesgeschäft) ein. Er war 1920 Mitgründer der Sozialistischen Arbeiter-Sport-Internationale  (SASI) in Luzern (gewöhnlich Luzerner Sport-Internationale genannt). 1929 veranlaßte S. den Bau einer Bundessportschule in Groß- Ottersleben, wofür er sein Wohnhaus und Grundstück mit überhohen Hypotheken belastete. Schon im Frühjahr 1930, als die große Sporthalle der Schule fertiggestellt war, begannen die ersten Athletik-Lehrgänge. Als ein Werk der Solidarität unter den Arbeitern zur Zeit der Weltwirtschaftskrise war die Bundesschule als moderner Zweckbau entstanden. Im September 1930 feierlich eingeweiht, umfaßte der Bau neben der Übungshalle einen Lehrsaal, Aufenthaltszimmer, Bibliothek, Bühne, Ankleide- und Gerätezimmer sowie einen großen Schlafsaal. Zum Grundstück gehörte ein Sportplatz, der zwei Fußballfelder, einen Tennisplatz und zwei Spielfelder mit Laufbahn umfaßte. S. und vor allem der technische Leiter des AABD, Karl Haushalter (Sportlehrer an der Bundessportschule und Vorsitzender des internationalen Fachausschusses für Schwerathletik der SASI, seit 1925 in Groß-Ottersleben), entwickelten den traditionellen “Kraftsport” zu einer vielseitigen körperbildenden, wettkampforientierten und gesundheitsfördernden Schwerathletik. Daher wurde im Verband nicht nur die Schwerathletik (Gewichtheben, Ringen, Boxen, Jiu-Jitsu), sondern auch Leichtathletik, Artistik, Gymnastik und Handball betrieben. 1926 auf dem Bundestag zu Berlin als 1. Vorsitzender des AABD wiedergewählt, setzte sich S. energisch dafür ein, die Einheit des Verbandes zu erhalten und ihn deshalb von parteipolitischen Auseinandersetzungen freizuhalten. Das hatte sein scharfes Vorgehen gegen die KPD-Opposition zur Folge, wodurch der Athletenbund auch eine erhebliche Schwächung besonders in Berlin und im Rheinland erfuhr. Bis Ende 1929 mußten etwa 4.000 Arbeiterathleten den Verband verlassen. Die Ausgeschlossenen organisierten sich im Arbeiter-Athletenbund (Opposition). Mit der Errichtung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland wurde im Mai 1933 die Arbeiter-Sportbewegung verboten und zerschlagen. Im selben Monat ließ die Ortspolizeibehörde die Bundesschule durch die SA besetzen und beschlagnahmen. Zum Schutz der Bundesmitglieder hatte S. bereits vorher die gesamte Mitgliederkartei des Bundes und alle “Schriftstücke und Urkunden staatsfeindlichen Inhalts” verbrannt. Ende Juni 1933 wurde der Polizeihauptwachtmeister der Ortspolizeibehörde von Groß-Ottersleben mit der Durchführung von Ermittlungen und Vernehmungen beauftragt. Ob S. verhaftet wurde und ob er in der Haft verstorben ist, ließ sich nicht feststellen.

Literatur: Bericht von der Kreisleiter-Konferenz des Arbeiter-Athletenbundes e.V. am 15.12.1929 in der Bundesschule zu Magdeburg-Groß-Ottersleben, 1930; Giselher Spitzer/Claus Grote, Kraft ist, was Leben schafft. Zur Geschichte des AABD, in: Hans Joachim Teichler/Gerhard Hauk (Hg.), Illustrierte Geschichte des Arbeitersports, 1987, 169–174.

Archivalien:  LHASA: Rep. C 31 Nr. 7; StadtA Magdeburg: Rep. 36, Tit. 54, Nr. 1388.

Michael Thomas