Bolek, Andreas
geb. 03.05.1894 Weinbergen/Galizien,
gest. 05.(?).05.1945 bei Magdeburg (Suizid),
 Gauleiter des Gaues Oberösterreich, Polizeipräsident von Magdeburg,
SS-Gruppenführer.

Der Sohn eines Oberlehrers und protestantischen Geistlichen, aufgewachsen in einer deutschen Sprachinsel bei Lemberg, besuchte das Untergymnasium und die Handelsschule. 1914 als Einjährig-Freiwilliger in das k.u.k. Infanterie-Regiment Nr. 30 eingetreten, nahm er 1915 an Kämpfen der Isonzofront teil und wurde wegen Tapferkeit zum Fähnrich befördert. Als Leutnant der Reserve entlassen, arbeitete er als Angestellter in Linz. 1923 trat B. in die österreichische Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSDAP), die 1926 der NSDAP unterstellt wurde, ein und avancierte zum Leiter der Stadtparteileitung Linz und zum Landeskommandanten der SA Oberösterreichs. Der als eindrucksvoller Redner bezeichnete B. war 1927–33 Gemeinderat in Linz, ab 1928 Mitglied der NSDAP und 1932 Herausgeber und ständiger Mitarbeiter der nationalsozialistischen Gauzeitung Die Volksstimme. 1927–34 wurde er, von Adolf Hitler berufen, Gauleiter der NSDAP für Oberösterreich. In Linz arbeitete er mit später schwer belasteten Nationalsozialisten, wie Ernst Kaltenbrunner und Adolf Eichmann, zusammen. Letzteren delegierte B. in seiner Eigenschaft als Gauleiter im März 1933 zur Ausbildung bei der SS-Verfügungstruppe nach Deutschland. Nach mehreren Verhaftungen und dem Verbot der österreichischen NSDAP flüchtete B. 1933 nach Deutschland und setzte seine Tätigkeit von Passau und München aus fort. Wegen staatsfeindlicher Umtriebe war ihm am 31.08.1933 die Landesbürgerschaft Oberösterreichs entzogen worden. Bei Auflösung der österreichischen Landes- und Gauleitungen der NSDAP durch Hitler zum 01.08.1934 erhielt B. die Erlaubnis, weiter Titel und Uniform eines Gauleiters zu tragen, und wurde als Gauleiter a.D. bezeichnet. Mit seiner Einbürgerung 1936 in Deutschland wurde B. für die NSDAP-Fraktion Mitglied des Reichstages für den Wahlkreis 33/Hessen. 1937 als SS-Mitglied registriert, erhielt er den Titel eines Brigadeführers. Nachdem der Magdeburger Polizeipräsident Carl Christiansen am 03.09.1936 wegen verschwiegener Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge durch ein NSDAP-Gerichtsverfahren in den Wartestand versetzt wurde, beauftragte man B. am 07.12.1937 mit der Verwaltung der Stelle des Polizeipräsidenten. Seine Berufung zum Magdeburger Polizeipräsidenten erfolgte am 18.11.1938. Im gleichen Jahr wurde B. Führer des Sicherheitsdienstes der SS im Hauptamt, 1939 Ehrenmitglied des Volksgerichtshofes und 1942 SS-Gruppenführer. Als Polizeipräsident war B. in Magdeburg seit 1937 Führer des für den zivilen Luftschutz zuständigen Sicherheits- und Hilfsdienstes sowie seit 1938 der Feuerschutzpolizei. 1944 erhielt er die Berechtigung zum Tragen der Uniform eines Generalmajors der Polizei. B. bildete am 07.04.1945 zur Verteidigung der Stadt aus Angehörigen der Magdeburger Polizei das Polizeiregiment “B.” und wies am 12.04.1945 für die Stadt Magdeburg das Übergabeangebot der 9. US-Armee zurück. B. wollte Magdeburg “bis zum letzten” verteidigen. Am 13.04.1945 erfolgte der Rückzug der Polizeiverbände auf das östliche Elbufer. Bei Einnahme durch die alliierten Truppen (19. April US-Armee – Magdeburg bis Westufer, 5. Mai Sowjetarmee – Magdeburg bis Ostufer) “verabschiedet sich B. am Elbufer von seinen engeren Mitarbeitern, geht dann allein zum Ufer und erschießt sich. Über eine Grabstätte ist nichts bekannt” (Höffkes, 1997).

Literatur: Harry Slapnicka, Oberösterreich – Die politische Führungsschicht 1918–1928, 1976, 52f.; Evan Burr-Bukey, Patenstadt des Führers. Eine Politik- und Sozialgeschichte von Linz 1908–45, 1993, 136, 150, 223, 225; Alfred Heidelmayer, Magdeburg 1945 – Zwischen Zerstörung und Kriegsende. Ein Bericht, in: Dann färbte sich der Himmel blutrot … Die Zerstörung Magdeburgs am 16. Januar 1945, 1995, 125, 127; Karl Höffkes, Hitlers politische Generale. Die Gauleiter des Dritten Reiches, 1997, 36f. (B); Bernd Diroll, Personen-Lexikon der NSDAP, Bd. 1: SS-Führer, 1998, 298f. (B).

Archivalien: LHASA: Rep. C 20 Ib Nr. 459 II.

Gerald Christopeit

letzte Änderung: 01.02.2005