Bollmann, Johann Friedrich (Fritze) Andreas
geb. 05.01.1852 Salbke bei Magdeburg,
gest. 07.05.1901 Brandenburg,
Barbier, Original.

Der Sohn eines Leinewebers aus Salbke – seine Mutter stammte aus Groß-Ottersleben bei Magdeburg – lernte den Beruf eines Friseurs. 1875 war B. als Gehilfe in einem Brandenburger Barbiergeschäft tätig, zwischenzeitlich wohnte er in Berlin (vor 1875), Ziesar (1876) und Fehrbellin (1879). 1879 kehrte B. in die wirtschaftlich aufsteigende Industrie- und Arbeiterstadt Brandenburg zurück und arbeitete in einem Barbiergeschäft. 1882–96 führte er ein eigenes Barbiergeschäft in Brandenburg-Altstadt und wurde in den Adreßbüchern (1883ff.) unter den Geschäfts- und Gewerbetreibenden genannt. B. heiratete nach 1882 (?) eine “unehrenhafte” Brandenburgerin, die aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammte und ein uneheliches Kind in die Ehe brachte. Elf Kinder hatten B.s zu ernähren, aber nur drei blieben am Leben. Die finanzielle und wirtschaftliche Notlage der Familie führte den Barbier zum Alkohol. Kindergruppen aus Altstadt und Kietz versammelten sich, um den betrunkenen B. zu verspotten und zu ärgern. Diesen Kinderspaß verstand er nicht, sondern verfolgte die “Spötter” und bespritzte sie mit Rasierschaum. Als B. beim Angeln im Domstrang aus dem Kahn stürzte, hatten die Kinder aus der Altstadt ein Ereignis, um sofort ein Lied zu dichten. Sie reimten folgende Verse: “Fritze B. wollte angeln, da fiel die Angel rin, Fritze B. wollt’ sie langen, da fiel er ooch mit rin. Fritze B. schrie um Hilfe: liebe Leute, rettet mir; denn ick bin ja Fritze B., aus der Altstadt der Balbier!” Die erste Fassung des B.-Liedes in vier Strophen erschien 1885 auf einer illustrierten Postkarte unter dem Titel “Fritze B., schaurig-traurige Begebenheit nach einem im Volksmund überlieferten Text”. Das Spottlied wurde vom “Volk” nach der Melodie “Auf Sedan auf der Höhe …” sogleich gesungen, obwohl B. ein Verbot des Vertriebs der Postkarte erwirkte. Nach 1905/06 erschienen Erweiterungen und Varianten des Bollmann-Liedes, die als Gassenhauer oder Volkslieder zunächst durch Wassersportler, Handwerksburschen, Soldaten und später durch Liederbücher, Musiker und durch die Medien verbreitet wurden. Das Spottlied erhob den Barbier aus Brandenburg zum Original. Als populäre und verehrte Volksfigur trat er bei Festbräuchen auf und belustigte alt und jung. Der 1924 errichtete Angler-Brunnen, er stand auf dem Gelände des Freibades am Beetzsee, seit 1981 im Zentrum Brandenburgs, wird im Volksmund B.-Brunnen genannt und erinnert an den Barbier, eine tragische und liebenswerte Volksfigur.

Literatur: Friedrich Grasow, Der Brandenburger Barbier Fritze B., in: Brandenburger Anzeiger vom 02.06.1934; Georg Maeße, In Brandenburg auf dem Beetzsee! 1885–1985. Zur 100sten Wiederkehr der Entstehung des Brandenburger Volksliedes über Fritze B., 1985 (Faltblatt); Katharina Kreschel/Olaf Bernstengel, Der Barbier Fritze B., in: Brandenburger Originale, Brandenburger Museums-H., Bd. 2, 1993, 30–40; Martin Wiehle, Magdeburger Persönlichkeiten, 1993, 88.

Bildquelle: Brunnenfigur des Anglerbrunnens von Carl Lühnsdorf.

Katharina Kreschel

letzte Änderung: 01.02.2005