Reimarus, Hermann Otto
geb. 29.09.1857 Stettin,
gest. 21.04.1920 Magdeburg,
Jurist, Kommunalpolitiker, Oberbürgermeister in Magdeburg.

Der Sohn eines Kaufmanns studierte 1876–79 in Leipzig, Tübingen und Greifswald Jura. Nach der Referendarzeit kam R. 1886 nach Magdeburg, wo er zum besoldeten Stadtrat gewählt wurde. Seine gewissenhafte Arbeit stellte das übernommene Garten- und Parkdezernat in den Mittelpunkt. Anfang 1907 wurde er Bürgermeister. Als drei Jahre später der Oberbürgermeister August Lentze überraschend in die preußische Staatsregierung berufen wurde, wählten die Stadtverordneten nach anfänglichem Zögern den kontaktarmen, verschlossenen, bescheidenen R. zum Oberbürgermeister. R. konnte die Erweiterung und den Ausbau Magdeburgs zur Großstadt fortführen. So wurden 1910 die Eingemeindungen der Dörfer Fermersleben, Salbke, Westerhüsen, Lemsdorf, Cracau und Prester vollzogen. Mit seiner Grundfläche setzte sich Magdeburg mit an die Spitze der deutschen Großstädte. Eine umfangreiche Bautätigkeit (Nordfront, Sterngelände, Wilhelmstadt, Friedrichstadt, allein 1911 2.000 Wohnungen), die Modernisierung der städtischen Versorgungseinrichtungen, die Anlage des Verschiebebahnhofs Rothensee und des Elbindustriegeländes fielen in die Amtszeit des Oberbürgermeisters bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges. Die Bevölkerungszahl näherte sich der 300.000-Personengrenze. Ein erster Generalbebauungsplan für “Groß Magdeburg” war in der Diskussion, und Überlegungen für neue Kommunalbauten (Rathaus, Stadthalle) wurden angestellt. Der Ausbruch des I. Weltkrieges setzte den kommunalen Plänen und Projekten ein Ende. Die personell stark geschwächten städtischen Behörden mußten sich in erster Linie Versorgungs- und Fürsorgefragen stellen. Die hohen Steuereinnahmen (Gewerbesteuer der Rüstungsindustrie) erleichterten dem Magistrat die Bewältigung der Aufgaben. Noch im Frühjahr 1918 an einen militärischen Sieg Deutschlands glaubend, prophezeite R. der Elbestadt eine große Zukunft. Um so schmerzlicher trafen ihn die Kriegsniederlage und die sich schnell verändernden politischen Verhältnisse. Der gesundheitlich angeschlagene Oberbürgermeister war amtsmüde. Als er am Jahresende 1918 nicht zum Empfang eines von der Westfront zurückkehrenden Magdeburger Regimentes auf dem Domplatz erschien, geriet er mehr und mehr in die politische Schußlinie. Auch die Presse griff ihn an. Ende Januar bat er, sich auf ein ärztliches Attest berufend, um Versetzung in den Ruhestand. Ende April 1919 schied er aus dem Magistrat. R. hat sich in einer über 30jährigen Amtszeit auf vielen Gebieten um Magdeburg verdient gemacht. Das kommunale Finanzwesen war von ihm neu geordnet worden. Besondere Liebe brachte er den gärtnerischen Anlagen entgegen. Mit der Erweiterung des Herrenkrug-, des Rotehornparkes und des Vogelgesangs setzte er sich ein bleibendes Denkmal. Bereits zu Lebzeiten war im Rotehornpark ein Weg nach ihm benannt worden.

Archivalien: StadtA Magdeburg: Archivalien und Dokumente; PA-Akte R 10, Bd. 2.

Bildquelle: StadtA Magdeburg.

Manfred Wille