Miller, Carl
geb. 06.04.1860 Calbe,
gest. 02.02.1930 Magdeburg,
Kaufmann, Fabrikant, Kommunalpolitiker.

Nach der Jahrhundertwende begann der gelernte Kaufmann in der Kommunalpolitik Magdeburgs aktiv zu werden. 1905 gründete er einen der ersten Verkehrsvereine Deutschlands, der u. a. Stadtführer und -pläne für Magdeburg herauszugeben begann. Als Mitglied der Nationalliberalen Partei saß M. seit Anfang 1907 in der Stadtverordnetenversammlung, der er ohne Unterbrechung bis 1929 angehörte. Der engagierte Stadtverordnete und Fabrikant (Geschäftsteilhaber des Unternehmens Paul & Miller) wurde schon bald zum Vordenker und Planer des Ausbaus der Elbestadt und deren verbesserter Stellung im Territorium. Als Vorsitzender bzw. Mitglied gehörte er allen wichtigen Ausschüssen der städtischen Körperschaften (u. a. Haushalt, Bauwesen, Eingemeindungen, Verkehr, Theater, Orchester) an und setzte sich stets hartnäckig für die Umsetzung gefaßter Beschlüsse ein. So besaß er vor dem I. Weltkrieg entscheidenden Anteil an der Vorbereitung eines Bau- und Raumplanes für “Groß-Magdeburg” sowie an den Projekten Stadthalle, neues Rathaus und Südbrücke. In den unruhigen Tagen und Wochen nach dem Kriegsende trat M. an die Spitze des Bürgerrates, der in Kooperation mit dem Arbeiter- und Soldatenrat für Ruhe und Ordnung sorgte. Er gründete den Ortsverband der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) mit – Jahre später wechselte er in die Deutsche Volkspartei (DVP). Unter den neuen politischen Verhältnissen sofort wieder aktiv, brachte der 1920 zum stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher Gewählte wichtige Vorlagen in das Stadtparlament ein, so z. B. zum Bau eines Flughafens. Besonders bemühte sich M. um ein höheres Niveau der “Magdeburger Außenpolitik”. Die Stadt sollte sich im Territorium und im Reich besser darstellen. Daher unternahm er große Anstrengungen, Magdeburg als Ausstellungs- und Kongreßstadt zu profilieren und den Fremdenverkehr zu fördern. Er gründete den Verband Mitteldeutscher Verkehrsvereine (1909) und den Preußischen Verkehrsverband (1921). Von 1922 bis 1927 war M. auch Präsident des Bundes deutscher Verkehrsvereine. Über mehrere Jahre stand er gleichzeitig den Verkehrsverbänden der Stadt, der Provinz, des Staates Preußen und des Reiches vor. Seit 1914 verfolgte M. das Ziel, in Magdeburg eine große Ausstellung zu organisieren. Die von ihm gegründete Mitteldeutsche Ausstellungsgesellschaft (1920) errichtete im Rotehornpark das erste Ausstellungsgelände und veranstaltete 1922 die Mitteldeutsche Ausstellung für Siedlung, Sozialfürsorge und Arbeit (MIAMA), auf der 2,5 Millionen Besucher gezählt wurden. Die folgenden Ausstellungen bewiesen, daß Magdeburg den Durchbruch geschafft hatte. Nun strebte M. eine Ausstellung mit nationaler und internationaler Ausstrahlung an. Er war Initiator und die “starke treibende Kraft” für den geistig-kulturellen Höhepunkt Magdeburgs in den 1920er Jahren, der Deutschen Theaterausstellung 1927. M. genoß den Ruf des “treuen Eckart des Magdeburger Theater- und Kunstwesens”. Viele Jahre stand er an der Spitze des Magdeburger Kunstgewerbevereins. Er förderte Kunstausstellungen und die Magdeburger Liedertafel. Als Fabrikant widmete er sich nicht zuletzt auch den Wirtschaftsfragen. Er gehörte vielen Vorständen bzw. Aufsichtsräten von Unternehmen, Gesellschaften und Vereinen an. M. hat die sogenannte “Mitteldeutschlandfrage” nicht rhetorisch-theoretisch zu klären versucht, sondern mittels Benennungen von Institutionen sowie deren überregionalen Aktivitäten mit Leben erfüllt. Für wichtige Bereiche der Magdeburger Kommunalpolitik wurde er die bedeutendste Persönlichkeit der 1920er Jahre. Bereits zu Lebzeiten hatte die Stadt eine Straße nach ihm benannt.

Archivalien: StadtA Magdeburg: Archivalien und Dokumente.

Bildquelle: *StadtA Magdeburg.

Manfred Wille

letzte Änderung: 28.02.2005