Fries, Jakob Friedrich, Prof. Dr. phil.
geb. 23.08.1773 Barby,
gest. 10.08.1843 Jena,
Philosoph, Mathematiker, Naturwissenschaftler, Hofrat.

Als Sohn eines Pfarrers und Vorstandsmitglieds der Herrnhuter Brüdergemeine in Barby geboren, erhielt F. seine Schulausbildung auf deren Pädagogium in Niesky, später in Barby. 1795 nahm er ein Jurastudium an der Universität Leipzig auf und studierte seit 1797 Philosophie, Naturwissenschaften und Mathematik in Jena. Nach einer kurzen Zeit als Hauslehrer in Zofingen/ Schweiz erfolgte 1801 in Jena die Promotion, im selben Jahr ebenfalls die Habilitation, die eine Lehrtätigkeit an der Universität ermöglichte. Noch in Jena außerordentlicher Professor, wurde F. 1805 als ordentlicher Professor für Philosophie an die Universität Heidelberg berufen. Dort übernahm er ab 1812 zusätzlich die Professur für Physik. 1816 kehrte er als Ordinarius für Logik und Metaphysik nach Jena zurück. Seine Parteinahme für die Burschenschaften brachte ihn in politische Schwierigkeiten, die 1819 als Folge der Teilnahme am Wartburgfest (1817) schließlich zur Suspension von seinem Lehramt führten.Die Lehrbefugnis für Mathematik und Physik erhielt er 1824 zurück, die für Philosophie erst 1837. Von der Unhaltbarkeit der Hegelschen Dialektik überzeugt, bezog er ebenso gegen Reinhold, Fichte, Schelling, aber auch gegen Herbart Stellung. Er verstand sich dabei als kritischer Kantianer und Weiterführer der kantischen Philosophie. In seiner auch an den Einzelwissenschaften orientierten Philosophie spielt die Psychologie als propädeutische Disziplin eine wichtige Rolle. Als sein Hauptwerk gilt die “Neue Kritik der Vernunft” (1807), in der er die Kantsche Transzendentalphilosophie mit psychologischen Fragestellungen verband, ohne aber ein unbezweifelbares Fundament der Erkenntnis aufzugeben. Die apriorischen Grundsätze sind nach F. nicht beweisbar, sondern nur durch innere Erfahrung aufweisbar. Innerhalb seiner Ethik (1818) ist der Begriff der Würde zentral. Übereinstimmend mit seinem Selbstverständnis wurde F. zunächst als Kantianer rezipiert, später zu Unrecht als Wegbereiter der psychologistischen Erkenntnistheorie kritisiert. Seine “Mathematische Naturphilosophie” (1822) ist im bewußten Gegensatz zur spekulativen Naturphilosophie Schellings und Hegels entwickelt und bereitete die moderne Grundlagenforschung vor. In der Neufries’schen Schule erlebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Philosophie auf Betreiben von Leonard Nelson eine Renaissance.

Werke: Sämtliche Schriften, hg. von Gert König/Lutz Geldsetzer (bisher 27 Bde), 1967ff.

Nachlaß: Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena; Goethe- und Schiller-Archiv Weimar; Niedersächsisches StA Wolfenbüttel; Fries-Archiv der Universität Düsseldorf.

Literatur: ADB 8, 73–81; NDB 5, 608f.; Thomas Elsenhans, F. und Kant (2 Bde), 1906; Ernst Ludwig Theodor Henke, J. F. F.s Leben, 21937 (W); Gert König/Lutz Geldsetzer, Einleitung zu ‚Sämtliche Schriften’, Bd. 1, 1967, 7–160; Leonard Nelson, Forschritte und Rückschritte in der Philosophie, 21977; Wolfgang Bonsiepen, Die Begründung einer Naturphilosophie bei Kant, F. und Hegel, 1997; Wolfram Hogrebe und Kay Herrmann (Hg.), J. F. F. Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker, 1999; Gert König, F. und Popper, in: Uwe Jens/Hajo Romahn (Hg.), Sozialpolitik und Sozialökonomik, 2000, 81–95; Kay Herrmann, Mathematische Naturphilosophie in der Grundlagendiskussion. Eine Studie über das Verhältnis von J. F. F.’ kritischer Philosophie zu Naturwissenschaft und Mathematik, 2000.

Bildquelle: *Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena.

Klaus Sachs-Hombach

letzte Änderung: 19.08.2004