Plumbohm, Willy
Albert |
Der Sohn eines Tischlers besuchte 1886–94 die Volksschule und absolvierte 1894–98 eine Lehre als Schriftsetzer. Er mußte als ältestes von sechs Kindern schon vom achten Lebensjahr an Geld mitverdienen, da der Vater nach längerer TBC- Erkrankung bereits 1889 starb. P. trat 1896 dem Arbeiterturnverein Einigkeit in Magdeburg-Buckau bei, 1898 dem Verband Deutscher Buchdrucker, 1905 der SPD. Er wurde kurz nach der Lehrzeit wegen Führung in einem Tarifkampf entlassen und ging 1899 auf Wanderschaft. Nach dem Heeresdienst arbeitete er in verschiedenen Magdeburger Druckereien, ab 1907 bei der Volksstimme. Im August 1914 zum Militär einberufen und 1915 in Galizien schwer verwundet, wurde er 1916 als Unteroffizier entlassen. Bereits 1909 der neu gegründeten Gartenstadt-Kolonie Reform GmbH beigetreten, wurde P. bald bis 1933 geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Im Verein für Kleinwohnungswesen 1919–22 im Nebenamt kaufmännischer Leiter, arbeitete er 1922–33 als ihr hauptamtlicher Geschäftsführer. Hier trug er mit dem Bau der Hermann- Beims-Siedlung, der Banckschen Siedlung und der Brückfeld-Siedlung wesentlich zur Minderung der Wohnungsnot bei. Als Stadtverordneter seit 1919 führte P. die SPD-Fraktion von 1921 bis 1933. Von 1924 bis 1933 gehörte er auch dem Provinziallandtag an, war Aufsichtsratsmitglied in verschiedenen Wohnungsgesellschaften und Baugenossenschaften Mitteldeutschlands. 1933 sämtlicher Ämter enthoben, blieb er bis 1936 arbeitslos, brachte sich danach mit Hausverwaltungen durch. Im Mai und Juli 1933 kurzzeitig in Polizeihaft genommen, geriet er noch einmal im August 1944 mit rund 40 Magdeburgern in die Verhaftungsaktionen nach dem Attentatsversuch vom 20. Juli. Im Dezember 1944 kehrte der 64jährige aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen zurück. Nach Kriegsende übernahm P. für ein Jahr als Stadtrat das Amt für Wohnraumlenkung und führte wieder ehrenamtlich die Geschäfte des Vereins für Kleinwohnungswesen. Aus Gesundheitsgründen zurückgetreten, versah er auf dringende Bitten der Stadt 1948 das Stadtratsamt erneut für seinen erkrankten Nachfolger und fungierte 1948–51 als hauptamtlicher Geschäftsführer des Vereins für Kleinwohnungswesen. 70jährig bereits zurückgetreten, wurde ihm nachträglich fristlos gekündigt und im Zuge der Verfolgung von Sozialdemokraten ein Untreue-Verfahren angehängt, obwohl bei seinem Ausscheiden ein Landesrevisor nach eingehender Prüfung der Vereinsunterlagen eine korrekte Geschäftsführung bescheinigt hatte. 1953 verhaftet und vom Bezirksgericht Magdeburg am 20.10.1954 wegen Untreue zu drei Jahren Zuchthaus und 5.000 Mark Geldstrafe verurteilt, hob das Oberste Gericht der DDR in der Berufung am 19.11.1954 das Urteil auf und sprach den Angeklagten frei.
Literatur: Marta Doehler/Iris Reuther, Magdeburg – Die Stadt des Neuen Bauwillens. Zur Siedlungsentwicklung in der Weimarer Republik, 1995 (B); Manfred Wille, Magdeburgs Aufbruch in die Moderne, 1995, 42 (B); Renate Amann/Barbara von Neumann-Cosel, Soziale Bauherren und architektonische Vielfalt: Magdeburger Wohnungsbaugenossenschaften im Wandel, 1996 (B); Sammlung Beatrix Herlemann, Hannover (privat).
Archivalien: GWG Reform: Akte I. 1.9/156.
Bildquelle: *StadtA Magdeburg.
Beatrix Herlemann