Blume, Carl Hans
geb. 18.10.1847 Schönebeck,
gest. 15.02.1919 Magdeburg,
Unternehmer, Farben- und Lackfabrikant.

Der Sohn des Schönebecker Kantors, Organisten und Lehrers an der städtischen Knabenschule Carl Martin Christian Blume (1809-1873) wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Er absolvierte die Erste Bürgerschule in Schönebeck bis zur Selecta und erhielt anschließend Privatunterricht bis zum Einjährigen-Examen. Körperlich nicht militärtauglich, begann B. bereits im Oktober 1862 eine dreijährige Lehre im Kolonialwarengeschäft der Fa. Beckmann & Engeln in Genthin. Im August 1865 trat er als Lagerist und Kontorist in die Drogengroßhandlung Rüdiger & Schrader in Magdeburg ein und wechselte im Oktober 1867 aufgrund einer Lungenkrankheit als Buchhalter zur Magdeburger Firma Steffens & Schulze, die eine Fabrik zur Herstellung ätherischer Öle betrieb. Ab November 1868 war B. als Kontorist in der Ätherischen Ölfabrik der Firma Heine & Co. in Leipzig tätig, für die er ab Herbst 1869 auch längere Geschäftsreisen absolvierte. In gleicher Eigenschaft arbeitete er ab Herbst 1870 für die Ätherische Ölfabrik der Fa. Sachs & Herminghausen in Berlin, bevor er im April 1871 zur Magdeburger Firma Morgenstern & Co. wechselte, die zu diesem Zeitpunkt noch mit Indigo, Farbwaren und Baumölen handelte. K. nutzte den gründerzeitlichen Enthusiasmus und die von ihm gesammelten Erfahrungen und hob gemeinsam mit einem assoziierten Kaufmann im Mai 1873 in Schönebeck eine eigene Großhandlung für Farben und Lackfabrikate aus der Taufe, die unter Blume & Knopf firmierte. Nach Auflösung der Handlung Ende 1875 siedelte B. nach Magdeburg über, wo er zuvor ein Grundstück in der Harsdorfer Straße erworben und eigene Fabrikanlagen zur Herstellung von Farben und Lacken errichtet hatte. Das Unternehmen wuchs aus bescheidenen Anfängen schnell zum weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Marktführer für hochwertige Farben und Speziallacke, die für Kutschen, Autos, Fahrräder, Nähmaschinen, Papiermaché und vielfältige andere Industrieerzeugnisse verwendet wurden. Die Qualitätslacke setzten sich schnell am Binnenmarkt durch und verdrängten konkurrierende ausländische Fabrikate nahezu vollständig. Die Firma Carl Hans Blume, Lackfabrik belieferte in großem Stil die deutsche Marine, militärische und staatliche Werke, Eisenbahnunternehmen und zahlreiche andere Industriebetriebe. Darüber hinaus gelang es B. frühzeitig, den Export seiner Produkte ins europäische Ausland anzukurbeln. Im Sommer 1893 konnte in London-Mitcham eine erste Zweigfabrik errichtet werden, der vor dem I. WK eine Niederlassung in Paris folgte. Die Absatzkrise 1914-18, die durch Beschlagnahmung der ausländischen Zweigbetriebe verschärft wurde, überstand B. auch mit Hilfe seines ältesten Sohnes Carl B. (1878-1921), der in England und als Prokurist in Magdeburg ausgebildet worden war und 1908 als Mitinhaber in das väterliche Unternehmen eintrat. – Um 1895 ließ B. durch die Firma Carl Loewe Nachf. auf dem Firmengelände eine zweigeschossige rote Backsteinvilla errichten, die bis zur Enteignung nach dem II. Weltkrieg von seiner Familie bewohnt wurde. B. versah zahlreiche politische und soziale Ehrenämter in der Stadt, u.a. als Vorstandsmitglied des Nationalliberalen Vereins und des Hilfs- & Bezirksvereins in Magdeburg-Stadtfeld (ab 1880), als Mitglied des Wilhelmstädter Vereins „Kinderhort“, als Vorstandsmitglied des 2. Deutschen Bezirkswaisenhauses (später Reichsbezirkswaisenhaus) sowie des Vereins für die Versorgung entlassener Strafgefangener. B. engagierte sich fachberuflich in der Magdeburger Handelskammer im Verband Deutscher Lackfabriken in Berlin. Die nach 1890 schnell anwachsenden sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Bewegungen betrachtete er als soziale und wirtschaftliche Gefahr, gegen die er als Gründungs- und Vorstandsmitglied des Reichsverbandes gegen die Socialdemokratie und als Gründungsmitglied des Allgemeinen Arbeitgeber-Verbandes der Provinz Sachsen opponierte. Er initiierte einen eigenen Werkverein, den er mit bedeutenden Summen zur Altersversorgung seiner Arbeiter ausstattete. B. gehörte darüber hinaus langjährig dem Kirchenvorstand der Magdeburger Gemeinde St. Ulrich und Levin an und engagierte sich Anfang der 1890er Jahre in herausragender Weise für die Errichtung der Pauluskirche im expandierenden Magdeburger Stadtteil Wilhelmstadt (1894-96), deren Gemeindekirchenrat er bis 1912 angehörte. – Die  Firma Carl Hans Blume, Lackfabriken knüpfte nach dem Ende des I. WK und dem Tod des Unternehmensgründers auch durch die Entwicklung neuer Verkaufsstrukturen an ihre vormaligen europäischen Geschäftsbeziehungen an und erschloß sich bedeutende Absatzmärkten in England, Italien und Spanien mit Zweigniederlassungen u.a. in London, Barcelona und Mailand. Die Firma wurde von 1921-43 von B.s zweitem Sohn Hermann (1882-1943), später von seinem dritten Sohn Paul (1884-1951) geführt, der um 1920 bereits Nitrolacke in das Firmensortiment integriert hatte. Das Unternehmen überlebte das Ende des II. WKs und verblieb zunächst kommissarisch bei Paul B., wurde jedoch 1948 mit sämtlichen Grundstücken und Immobilien enteignet. Der Inhaber emigrierte mit seiner Familie zunächst nach Mannheim, später nach Neuoldendorf.

Literatur: Lieselotte Hahn (Hg., Bearb.): Chronik der Familie B., Ms. 1984; Sabine Ullrich, Gründerzeitliche Villen in Magdeburg, 1995, S. 95; Manfred Beckert, [Art.] C.H. B., in: Guido Heinrich/Gunter Schandera (Hg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert, 2002, S. 64.

Archivalien: Unterlagen der Fam. B., Hamburg (privat).

 Bildquelle: Familie B., Hamburg (priv.).

Guido Heinrich

letzte Änderung: 01.03.2006